Demos und BlockadenSchon Einhaken kann problematisch sein

Was geht bei einer Demonstration - und was nicht? Wir gehen euren Fragen zu den Grenzbereichen einer Sitzblockade nach.

Sich bei Demonstrationen in brenzlige Situationen bringen – lieber nicht. Bei Sitz- und anderen Blockaden gibt es unterschiedliche Betrachtungen, ob diese noch als friedlicher Protest zählen oder nicht (Wir haben mit einem Staatsrechtler darüber gesprochen). Aber ihr hattet noch weitere Fragen zu dem Thema. Jörg Imfeld, Rechtsanwalt aus Münster, ordnet sie ein.

Einhaken und gruppieren: Harmlos oder schon Nötigung?

"Ein Einhaken kann bereits den Gewaltbegriff erfüllen und somit einen Widerstand darstellen", sagt der Rechtsanwalt. Hier ist Augenmaß und Kontext gefragt. Ein einfaches Einhaken, das keine Blockade darstelle, bleibe unproblematisch. "In der Regel hakt man sich aber stark ein, das könnte dann schon eine Nötigung darstellen, wenn man andere am Zugang hindert", sagt Jörg Imfeld. Eine mögliche Konsequenz: Die Polizei könnte die Versammlung aufheben.

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"Zweite-Reihe-Rechtsprechung" – Was steckt dahinter?

Dies hat sich aus einem konkreten Fall entwickelt, so Rechtsanwalt Jörg Imfeld. Es geht um folgendes Szenario: Jemand setzt sich auf den Boden, um ein Fahrzeug zu blockieren -  theoretisch könnte der Fahrer die Person umfahren. Tut er es nicht, werden auch die Fahrzeuge hinter ihm an der Weiterfahrt gehindert. "Dann spricht man von zweiter Reihe, weil diese genötigt werden, stehen zu bleiben." Das erste Fahrzeug würde demnach benutzt, um die anderen von der Weiterfahrt abzuhalten. Auch das kann als Ausübung von Gewalt und damit Nötigung bewertet werden.

Gelten Regenschirm, Taschen und Co. als passive Bewaffnung?

Grundsätzlich können Demonstranten solche Gegenstände mitnehmen. Diese Mitbringsel oder Kleidungsstücke können aber auch anders betrachtet werden. Hier geht es um alles, was "dazu geeignet ist, den Schutz des Körpers aufrecht zu erhalten oder andere Leute damit anzugreifen", erklärt Jörg Imfeld. Was alles dazu zählen kann, dazu gibt es in der Rechtsprechung viele Beispiele. So wurden etwa ein Boxermundschutz oder eine verstärkte Baseballkappe, Motorrad- oder Fahrradhelme als passive Bewaffnung eingeschätzt. "Auch eine Atemschutzmaske kann schon so bewertet werden," sagt der Rechtsanwalt.

"Stahlkappen auf einer Demo gehören grundsätzlich eher nicht dazu, die Meinungsfreiheit darzustellen."
Jörg Imfeld, Rechtsanwalt

Wie verhalten bei der Räumung einer Blockade?

Sollte es bei einer Versammlung zu Straftaten kommen, darf die Polizei sie auflösen. Aber sie müsse drei Mal dazu auffordern, dass sich die Demonstranten freiwillig trennen, erklärt Jörg Imfeld. Passiert das nicht, kann die Polizei eingreifen und die Teilnehmer beispielsweise wegtragen. Hier kommt es auf das eigene Verhalten an. Weniger problematisch ist es, sich wegtragen zu lassen und somit lediglich passiven Widerstand zu leisten. Auch hier aber: Haken sich Teilnehmer untereinander ein, sodass sie sich nicht vom Nachbarn lösen lassen, könnte dies als Nötigung gewertet werden - zumindest aber als Ordnungswidrigkeit, so der Jurist. 

Strafe ist eine Frage der Interpretation

Jörg Imfeld erklärt, dass gerade beim Paragraph der Nötigung die Definition, wann etwas als Gewalt gewertet wird, rechtlich intensiv diskutiert wird. Hier gibt es einen Interpretationsspielraum, und so bleibt es oft bei Einzelfallentscheidungen. Auch die verhängten Strafen können sich sehr unterscheiden. "Bei Nötigung kann es eine Bestrafung von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe geben." Bei Ordnungswidrigkeiten drohen Bußgelder bis zu 1.000 Euro.