RaubkunstWem gehören Kulturgüter?
Kunst ist global. Die Büste der feinen, zeitgenössisch wirkenden Nofretete! Uralte Handschriften wie das Pontifikale von Płock! Der Thron des Königs von Bamum! Diese Dinge gehören der Menschheit. Und einzelnen nationalen Museen und Stiftungen. Ist das richtig?
Juristisch kann das durchaus der Fall sein. Den Thron schenkte der König von Bamum dem deutschen Kaiser. Nofretete war Bestandteil einer Fundteilung. Handschriften wurden und werden angekauft. Aber: Ist das Geschenk eines Königs, der sein Reich vor den deutschen Kolonialherren schützen will, einfach nur ein Geschenk? Wie waren die Bedingungen, unter denen der deutsche Archäologe Ludwig Borchardt in Tell El-Amarna grub und wie souverän war die ägyptische Altertümerverwaltung? Was, wenn die Handschrift zwar gekauft wurde - zuvor aber von den Nationalsozialisten gestohlen wurde?
"Das Begehren von Kunst - die Kunst der anderen."
Nicht erst seit 2012 die sog. Sammlung Gurlitt Schlagzeilen gemacht hat, stellt sich die Frage nach der Provenienz der Kunstwerke, also die Frage nach der Herkunft. Die Geschichte(n) geraubter Kulturgüter beschäftigt aber nicht nur Fachleute sondern die breite Öffentlichkeit. Filmproduktionen aus Hollywood und China verhandeln das Thema, genauso wie Computerspiele, Kinderbücher oder die Literatur.
"Der ganze Sommerpalast wurde im Opiumkrieg von der französischen und der britischen Armee geplündert und die Objekte kamen nach Europa."
Die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy verfolgt das Thema - quer durch die Jahrhunderte und quer durch alle künstlerischen Ausdrucksformen. Sie ist eine vielfach mit Preisen ausgezeichnete Expertin - und, was für uns noch viel wichtiger ist - eine umwerfende Erzählerin! Sie lehrt an der Technischen Universität Berlin und am Collège de France in Paris.
"Es ist wichtig zu wissen, dass das Ignorieren von Rückgabeforderungen nichts bringt!"
Am 15. Februar 2017 war sie auf Einladung der Deutschen Forschungsgemeinschaft in der mehr als 450 Jahre alten Bayerischen Staatsbibliothek in München, um über den Umgang mit geraubten Kulturgütern zu sprechen. Ihr Vortrag heißt "Geraubte Kunst - Wem gehören Kulturgüter?"
"Wenn wir die Kolonialzeit mal umdrehen und wir wüssten, dass das Nibelungenlied und die Gutenberg-Bibel in der National Library of Lagos in Nigeria liegen, würden wir uns sicher fragen, ob das auf Dauer der richtige Weg ist."
Wem gehören sie? Wer darf sie zeigen? Wessen Eigentum sind sie, wer besitzt sie?
"Die deutsche Sprache unterscheidet zwischen Besitz und Eigentum."
Am Ende drückt sie sich ein bißchen um die Antwort auf die selbstgestellte Frage "Wem gehört die Kunst". In der Diskussion nach dem Vortrag entwirft sie interessante Vertragsmodelle für den Umgang mit strittigen Objekten.
Diese Diskussion könnt ihr euch hier anhören.