Radikalisierung von Fußballfans"Lieber stehend sterben, als kniend weiterleben"
In den letzten Monaten hat sich die Fan-Szene radikalisiert. Um über das Problem der ausufernden Gewalt zu beraten, treffen sich heute die Fanprojekte der Fußballbundesligisten in Braunschweig.
Es gibt den Ausruf: "Fußballfans sind keine Verbrecher". Stimmt aber irgendwie nicht mehr so ganz. Denn in den letzten Monaten hat sich die Fanszene radikalisiert: Hooligans rufen zu gewalttätigen Demonstrationen auf, in Mönchengladbach wird der Platz gestürmt, in Stuttgart müssen Polizisten nach einem Angriff sogar Schüsse abgeben.
Gefahr durch Rechtsruck
Das ganze Szenario wird von einem Rechtsruck begleitet, zu hören ist das bei den Demos von Hogesa oder "Gemeinsam stark Deutschland". Sichtbar wird dieser Rechtsruck auch durch die Vertreibung von linken Ultragruppen in Aachen, Düsseldorf oder Braunschweig.
Bald "englische Verhältnisse" in den Stadien?
Es gibt Gruppen, die gehen davon aus, dass in maximal zehn Jahren "englische Verhältnisse" in den Stadien herrschen, sagt der Sportjournalist Peer Vorderwülbecke. Heißt: Es gibt keine Stehplätze mehr und alles ist durchkommerzialisiert.
"Die Ultragruppen sagen sich offensichtlich: 'Dann lassen wir es nochmal krachen, denn ändern können wir eh nichts mehr' - ganz frei nach dem Motto: Lieber stehend sterben, als kniend weiterleben."
"Das kann so nicht weiter gehen"
Das finden auch die Fanprojekte der Fußballvereine – und treffen sich deshalb in Braunschweig, um darüber zu sprechen. Die Fanprojekte müssen sich umstellen und sich an die veränderte Situation anpassen, meint Peer Vorderwülbecke.
"Die Hooligans, die die Achtiger und Neunziger Jahre bestimmt haben, die kommen jetzt wieder. Und keiner weiß so richtig, warum. Manche würfeln das mit einem Zeitgeist-Phänomen zusammen, mit Pegida & Co."
Zwei Säulen: Vereine + Fanprojekte
Die Fan-Sozialarbeit bei den Vereinen hat deutlich zugenommen, sagt Peer Vorderwülbecke. Früher sei der Fan-Beauftragte ein ausrangierter Spieler gewesen, der sich verdient gemacht hatte. Oder ein Ehrenamtler.
"Heute sind das ganze Abteilungen mit zwei, drei, vier hauptamtlichen Mitarbeitern. Und die arbeiten intensiv mit den Fanprojekten zusammen."