RadevormwaldBesuch in der Flüchtlingsunterkunft
DRadio-Wissen-Reporterin Julia Möckl hat ein Flüchtlingsheim in Radevormwald besucht, hat Geschichten von abenteuerlichen Reisen nach Deutschland gehört - und von Menschen, die den Asylsuchenden helfen.
Alaa ist 28 Jahre alt und und kommt aus der Nähe von Damaskus, also Syrien. Er hat sich von dort auf den Weg in den Libanon gemacht und wollte von der Türkei mit dem Boot nach Griechenland - aber das Boot, in dem er saß, ist gesunken. Alaa musste drei Stunden lang schwimmen, um an Land zu kommen. Vor sechs Monaten ist er schließlich mit dem Flugzeug in Deutschland angekommen und wartet seitdem darauf, dass die Behörden seinen Asylantrag anerkennen - damit er endlich auch seinen dreijährigen Sohn und seine Frau zu sich holen kann.
"Ich war kurz davor, zu sterben."
"Wir leben dort wie Sklaven."
Mengs kommt aus Eritrea, er ist 26 Jahre alt. Eritrea ist eine der menschenverachtendsten Diktaturen der Welt - auch wenn offiziell Frieden herrscht. Wer der falschen Religion angehört, kann ins Gefängnis kommen und nicht nur junge Männer werden häufig zu jahrzehntelangem Militärdienst gezwungen. "Wir leben dort wie Sklaven", sagt Mengs. Deswegen ist er zusammen mit seiner Frau geflohen. Zu Fuß in den Sudan, mit dem Auto weiter nach Libyen. Er hat tagelang im Auto gesessen - ohne ausreichend Wasser. Und er hat andere Menschen sterben sehen.
Auf Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen
Für die Hilfe aus der Bevölkerung sind Mengs und die anderen sehr dankbar. Ehrenamtliche Helfer und Mitglieder örtlicher Kirchengemeinden sammeln seit einigen Monaten Spenden für die rund 120 Flüchtlinge in Radevormwald, organisieren Deutschkurse oder nehmen die Asylsuchenden auch einfach mal mit in die Disko. Ganz ohne die Hilfe aus der Bevölkerung wäre die Versorgung schwierig, sagt der verantwortliche Mitarbeiter der Stadt.
"Wir konzentrieren uns auf die guten Dinge, auf die Menschen, die uns helfen - nicht auf die, die uns hassen."
Allerdings sind die Reaktionen auf Flüchtlinge auch in Radevormwald nicht nur positiv: Die rechtsextreme Partei Pro NRW, die auch im Stadtrat sitzt, hat im Mai 2014 im Ort eine Kundgebung gegen "Asylmissbrauch" abgehalten. Ebenfalls 2014 wurden zudem mehrere Mitglieder der rechtsradikalen Vereinigung "Freundeskreis Rade" zu Haft- und Geldstrafen verurteilt, weil sie über längere Zeit ausländische oder politisch andersdenkende Mitbürger schikaniert, bedroht und zusammengeschlagen hatten. Erst vor wenigen Wochen flogen nachts Steine in die Fenster der Asylunterkunft, in der Mengs und Alaa zusammen mit etwa 30 anderen Asylsuchenden leben. Alaa fühle sich davon aber nicht bedroht, sagt er - auch weil die positiven Begegnungen mit Einwohnern aus Radevormwald überwiegen.