Psychische GesundheitCorona & Isolation – Wir brauchen ein Ende in Aussicht
Wir erleben gerade, dass unser Leben wegen des neuartiges Coronavirus massiv heruntergefahren wird. Wir ertragen die Einschränkungen so gut es geht, lenken uns ab, machen Homeoffice – aber wie lange noch? Unser Reporter Stephan Beuting wünscht sich eine Deadline für den Ausnahmezustand.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in ihrer TV-Ansprache gesagt: "Ich appelliere an Sie. Halten Sie sich an die Regeln, die nun für die nächste Zeit gelten." Aber, was bedeutet das? Wie lang müssen wir warten, bis alles wieder normal läuft in der Welt?
Für Deutschlandfunk-Nova-Reporter Stephan Beuting ist das ein echtes Problem. Ihm fehle eben die Deadline, sagt er. Wenn etwas einen Anfang habe, dann brauche er auch ein Gefühl fürs Ende. Die Psychologin und Beraterin Laura Klimecki erklärt, dass uns eben diese Ungewissheit oft Angst macht.
"Stell Dir mal vor, du hast ein verlängertes Wochenende, dann wärst du ja auch vier Tage zuhause, dann wärst du ja auch tiefenentspannt. Jetzt ist die Frage, wie geht es denn in den nächsten Wochen weiter?"
Es fehle jetzt das Gefühl, einen Plan zu haben, der ein Vorgehen definieren könnte, so Klimecki. "So etwas gibt es gerade nicht, das verunsichert die ganze Bevölkerung gerade enorm. Es wäre total schön, wenn es so was gäbe, woran man sich entlanghangeln kann", so die Psychologin.
Selbst Ziele setzen
Ein Ziel zu definieren und darauf hinzuarbeiten würde uns jetzt zeigen, dass wir die Dinge unter Kontrolle haben, sagt unser Reporter Stephan. Aber nichts in der Richtung gebe es gerade. Politiker und Wissenschaftler würden erklären, es sei unredlich, Dinge zu versprechen, die dann nicht eingehalten werden könnten.
Unser guter Deadline-Modus, mit dem wir im Alltag so zuverlässig funktionieren würden, sei jetzt ausgeschaltet. "Aber nur, weil das Große unkonkret ist, heißt es nicht, dass ich mir nicht Konkretes im Kleinen schaffen kann", meint Stephan.
Gefühl von Kontrolle erhalten
Laura Klimecki berichtet von einem bekannten Psychologen: Viktor E. Frankl war als Jude in ein KZ deportiert worden. Als Lagerhäftling war ihm klar, was er alles nicht kontrollieren konnte, aber genau das schärfte seinen Blick für das, was er eben doch kontrollierte.
Das sei ein gutes Beispiel, so Klimecki. Frankl habe klargemacht, dass man ihm im Lager nicht seine Grundeinstellung zum Leben nehmen konnte.
"Für Frankl war klar, wenn er da jemals rauskommt, dann hält er später Vorlesungen darüber, wie diese Zeit war und dass man trotzdem Ja zum Leben sagen kann."
Je unangenehmer die äußeren Umstände, desto entschiedener die innere Haltung. Wenn es keine Deadline gäbe, mache er sich selbst eben welche, meint Stephan Beuting. Diese Strategie bringe zwar keine völlige Klarheit in die Situation, aber zumindest ein Gefühl von Kontrolle.
Auch Laura Klimecki hält solche kleinen Ziele für einen guten Weg und schlägt vor, man solle sich etwa die nächsten 14 Tage grob durchplanen.
"Dann ist mein Vorschlag: Richten wir uns doch mal Deadlines selber ein. Und dann schauen wir uns mal an, wie die nächsten 14 Tage verlaufen."