Psychische Erkrankungen auf Social MediaWeg mit dem Stigma!
Psychische Erkrankungen wie Depressionen sind in der Gesellschaft weit verbreitet - trotzdem sind sie oft immer noch ein Tabuthema und werden stigmatisiert. Vor allem auf Instagram gibt es immer mehr Accounts und User, die das ändern wollen - indem sie ihre eigene Erkrankung sichtbar machen.
Einen gebrochenen Arm kann man sehen und leicht behandeln. Bei psychischen Erkrankungen ist das anders. Sie sind nur schwer zu greifen - für Betroffene, aber auch für Angehörige, Freunde oder Kollegen. Und sie werden immer noch tabuisiert und stigmatisiert, obwohl Umfragen zufolge jeder Fünfte in Deutschland im Laufe seines Lebens von einer psychischen Erkrankung betroffen ist.
In den sozialen Medien gibt es immer mehr User, die offen mit ihrer Krankheit umgehen und erreichen wollen, dass man Betroffenen vorurteilsfrei, sachlich und unterstützend begegnet. So auch die Wiener Studentin Sirka. Sie bezeichnet sich selbst als Lyrikerin, schreibt Gedichte und berichtet unter dem Namen "Fred minus Erika" auf Instagram aus ganz persönlicher Erfahrung über Depressionen und Essstörungen. Sirka beantwortet Fragen, erklärt, wie sie mit Rückfällen umgeht, berichtet, wie sich ihr Körpergefühl verändert.
Mit ihren Posts verarbeitet Sirka ihre eigenen Erlebnisse und Gefühle - und das hilft ihr. Aber sie will psychische Erkrankungen auch für andere sichtbar machen. Dafür bekommt sie viele positive Rückmeldungen. Manchmal bedanken sich auch Angehörige von Betroffenen bei ihr.
"Es gibt viele Leute, die sich bedanken für das, was ich mache. Die sagen: Okay, das hilft mir grad, weniger allein zu sein. Auch Angehörige, die sich bedanken, weil sie Familienmitglieder jetzt besser verstehen können."
Sirka ist nicht die einzige, die auf Instagram von ihrer Krankheit berichtet. Auch die Accounts "Limelu", "Minusgold" oder "Bockographie" thematisieren ganz gezielt psychische Erkrankungen.
Über Instagram zur Therapie
Und das sei wichtig, sagt die Kölner Psychologin Catarina Katzer: "Ich würde auf jeden Fall sagen, dass die neuen Medien ein ganz großes Potenzial bieten, Öffentlichkeit zu schaffen für psychische Erkrankungen, die bisher stigmatisiert wurden, die bisher auch nicht sichtbar waren." Indem Betroffene ihren Alltag darstellen, von ihren Behandlungen in der Klinik erzählen, erklären sie ihre Situation und zeigen, wie Betroffenen geholfen werden kann. Menschen wie Sirka helfen Vorurteile abzubauen und seien dabei selbst wichtige Vorbilder, meint Catarina Katzer.
Dass sie ein Vorbild zu sein scheint, erlebt auch Sirka. Sie bekomme teils bewegende Reaktionen von Menschen, die dank ihr Mut gefasst hätten, sich behandeln zu lassen.
"Ich glaube, am meisten bewegt mich, wenn Leute sagen, sie haben jetzt den Mut, selber eine Therapie zu machen oder selber in die Klinik zu gehen, nachdem sie meine Beiträge gelesen haben.“
Manchmal kommt es aber auch vor, dass Betroffene in privaten Nachrichten zu viel Hilfe bei Sirka suchen, dann muss sie Grenzen aufzeigen. Denn Sirka ist keine Therapeutin und kann professionelle Hilfe nicht ersetzen.
Was mache ich hier?
Bei allem positiven Feedback kommen Sirka manchmal aber auch Zweifel: Was mache ich hier eigentlich? Wird mir das später mal richtig fette Steine in den Weg legen? Hab ich dadurch irgendwann schlechtere Berufschancen? Doch gerade solche Fragen zeigen ihr, wie tabuisiert das Thema in unserer Gesellschaft immer noch ist und wie wichtig es sei, dafür einzustehen, sagt sie. Und wenn niemand darüber spreche, dann wird es bestimmt nicht besser.
"Und dann denke ich, wenn niemand anfängt, darüber zu sprechen oder das niemand macht, dann wird es auch einfach nicht besser. Und das ist - glaube ich - dann immer dieser Antrieb, den ich habe, das doch weiterzumachen."
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