Proteste in FrankreichEmmanuel Macron versucht es mit Dialog
Erst ging es um den Dieselpreis, dann um Steuern, Rente und direkte Demokratie. Der französische Präsident sucht einen Zugang zu seinen unzufriedenen Bürgern. Jetzt spricht er mit Bürgermeistern aus der Provinz.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron antwortet auf die Gelbwestenbewegung mit politischem Dialog. Er wolle mit einer auf zwei Monate angesetzten Debatte die Spaltung der Gesellschaft überwinden, sagte Emmanuel Macron am Dienstag (15.01.2019) zum offiziellen Auftakt in der Gemeinde Grand Bourgtheroulde in der Normandie – Tabus solle es keine geben.
"Es ging darum, dass diese Bürgermeister dem Präsidenten die Probleme mitteilen konnten, die sie in den vergangenen Wochen in Gesprächen mit ihren Bürgern gehört haben."
Der französische Präsident traf sich zu Beginn der Dialogaktion mit Hunderten Bürgermeistern aus Nordfrankreich. Zuvor hatte er in einem Brief an die Franzosen 35 Leitfragen für die Debatte formuliert. Wenn es darüber hinaus intelligente Fragen und Themen gebe, die er nicht vorhergesehen habe, würden sie auch angenommen, betonte der Präsident.
Seitens der Gelbwesten wird kritisiert, dass zentrale Wünsche in dem Brief Emmanuel Macrons keine Rolle spielen - etwa die Forderung nach höheren Renten, einer Steigerung der Kaufkraft und der Wiedereinführung der Vermögensteuer.
Themen: Geld, Gerechtigkeit und Demokratie
Marcel Wagner sieht drei zentrale Themen bei den Protestierenden und ihren Vertretern: Geld, Gerechtigkeit und Demokratie. Das bedeutet konkret: Die Abgaben und Steuern sind vielen der Unzufriedenen zu hoch. Diese Steuern wären außerdem ungerecht verteilt, kritisieren sie – etwa zwischen Großunternehmen und einzelnen Steuerpflichtigen. Außerdem fühlen sich viele Wählerinnen und Wähler in der Nationalversammlung nicht hinreichend repräsentiert.
"Der Front National hatte über 20 Prozent der Stimmen bei der letzten Parlamentswahl bekommen, hat aber nur eine Handvoll Abgeordneter. Das ist dem französischen Wahlsystem geschuldet. Da wollen viele mehr direkte Demokratie."
Unser Korrespondent vermutet hinter Emmanuel Macrons Dialogangebot auch strategisches Kalkül. Er wolle die Bewegung der Gelbwesten in einen friedlicheren, dialogbereiten und den radikaleren Teil spalten.
"Unter den radikalen Kräften der Gelbwesten wird er mit dem Dialog nicht viel reißen, denn die haben sich so weit von der Politik der Regierung entfernt, dass sie nicht daran teilnehmen wollen."
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