PrioritätenWie wir unser Leben für die Beziehung verändern
Genug der Fernbeziehung: Georgie hat sich entschlossen, für ihren Freund aus Großbritannien nach Deutschland zu ziehen. Paartherapeutin Ilka Schütte erklärt, wie wir als Paar große Entscheidungen treffen und woran wir Selbstaufgabe erkennen.
Zu dir oder zu mir? Manchmal hat diese Frage eine große Tragweite. Wie bei Georgie und Olli. Kennengelernt hatten sich die beiden während seines Auslandsstudiums in Großbritannien. Es folgten Fernbeziehung und schließlich die Frage, ob sie zu ihm nach Deutschland zieht oder er zu ihr nach Großbritannien.
Entscheidungen als Paar und Individuum treffen
Für Georgie war schnell klar: Ich komme nach Deutschland. Das hatte pragmatische Gründe. Olli ist Lehrer und verbeamtet und verdient damit viel mehr als sie in Großbritannien, erzählt Georgie. Außerdem habe es sie gereizt, in Deutschland zu leben. Ich stellte mir das alles ziemlich einfach vor, erinnert sich Georgie.
"Ich habe es Olli nie vorgeworfen, aber ihm war schon klar, dass ich seinetwegen umgezogen bin."
Was es schließlich bedeuten würde, ihre Wohnung, ihre Freund*innen und Familie zurückzulassen, war ihr damals nicht klar. "Und dann habe ich in den ersten drei Monaten die Wohnung ohne meinen Freund nicht verlassen", erzählt sie. Die Angst auf Deutsch angesprochen zu werden und nicht antworten zu können, war zu groß.
Besonders wenn die Veränderung vordergründig nur eine*n Partner*in betrifft, empfiehlt Paartherapeutin Ilka Schütte offen darüber zu kommunizieren. "Es geht darum, dass sich beide klarmachen, was es wirklich bedeutet, wenn mein*e Partner*in in eine andere Stadt zieht, was für Ängste das auslösen könnte und wie wir als Paar damit umgehen."
"Eine große Entscheidung muss ein Paar aus meiner Sicht gemeinsam treffen."
Veränderung aus Neugier oder Anpassung aus Angst?
Natürlich sei ein Umzug in eine andere Stadt oder sogar ein anderes Land objektiv gesehen eine große Entscheidung. Im Endeffekt gehe es bei Entscheidungen aber nicht so sehr um ihr Ausmaß, sondern um den Antreiber dahinter, also die Frage, warum wir etwas machen, betont Ilka Schütte. Fange ich dieselbe Sportart wie meine Freundin oder mein Freund an, weil ich Lust habe, etwas Neues auszuprobieren, oder glaube ich, aus Liebe etwas für meinen Partner oder meine Partnerin zu machen, um ihn oder sie nicht zu verlieren? Letzteres, sagt die Paartherapeutin, kann ein brenzliges Signal sein.
In einer Beziehung ist es immer hilfreich, auf die gemeinsame Dynamik zu schauen. Genauso wichtig ist es, die eigenen Muster und Überzeugungen zu betrachten, sagt Ilka Schütte. Wenn wir also den Eindruck haben, in einer Beziehung mehr zu geben als der oder die andere, lohnt sich der Frage auf den Grund zu gehen, warum wir glauben, immer (nach)geben zu müssen? Dahinter könnte die Sorge stecken, um Liebe kämpfen zu müssen, so die Therapeutin.
"Ich habe mein eigenes Leben hier und verlasse mich nicht komplett auf meinen Freund."
Georgie hat für ihre Beziehung vieles aufgegeben. Und sie hat im Gegenzug etwas dafür bekommen. Nachdem sie einen Deutschkurs gemacht hatte, wurde es leichter, sie fand neue Freund*innen, lebte sich ein und fühlt sich heute in Freiburg, wo sie und Olli leben, wohl. Und Heimweh und Trauer Georgie einholen, sprechen sie als Paar darüber. Georgie sagt, Olli und sie haben schon während der Fernbeziehung gelernt, offen und viel miteinander zu kommunizieren. Das hat sie einander nähergebracht und tut es bis heute.