PrimarkDa setzt das Gehirn aus

Bei Primark kaufen immer nur die anderen? Stimmt nicht, zeigt eine Untersuchung. Egal, wer dort kauft: Bei billiger Mode wird vielen Moral plötzlich egal. Warum? Nachgefragt in einer Berliner Filiale.

Primark ist die Modekette gegen den Nachhaltigkeits-Trend, während andere auf Fair Trade, Bio und Organic setzen, zählt hier nur billig. Das Unternehmen expandiert europaweit, das Geschäft läuft wie geschmiert. Auf der anderen Seite werden die Produktionsbedingungen der Kaufhauskette immer wieder kritisiert von NGOs, Sozialbündnissen und selbst dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki.

In der Filiale am Alexander Platz in Berlin wird das allerdings ausgeblendet, obwohl die meisten Kunden wissen, unter welchen Bedingungen die T-Shirts, Kleider und Taschen für drei Euro hergestellt werden.

"Bei Primark gehst du rein, siehst die günstigen Preise und da setzt das Gehirn aus.“
Frida, Schülerin

Für ihre Abschlussarbeit an der Uni Würzburg hat Natalie Wäsch das Kaufverhalten von 170 Kunden analysiert. Mehr als drei Viertel sind Schülerinnen, Schüler und Studierende. Dabei sind den meisten die ausbeuterischen Produktionsbedingungen bekannt - spätestens seit 2013 beim Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesh über 1.000 Arbeiter starben. Einfluss auf ihr Einkaufsverhalten hat das aber kaum. Ein Argument: wir brauchten "nur mal eben" etwas für die Motto-Party, den Karneval oder den Urlaub.

Fette Ausbeute: Für nur 30 Euro kann man bei Primark volle Taschen heraustragen. Dass es dabei nicht ganz fair zu gehen kann, wissen die meisten, blenden es aber aus.

Ein anderes Argument: es gebe so viele Einzelteile für wenig Geld. Dass man die Sachen dann nur kurz tragen kann, wird sogar eher positiv gesehen. So könne man eben häufiger aktuelle Mode kaufen. Es ist nicht nur die Lust am Konsum, die siegt. Noch etwas schwingt bei den Primark-Käufern mit, besonders denen, die beim Rausgehen schamhaft die Primark-Tüte verstecken: Unsicherheit. Wo kann ich denn kaufen, wenn nicht hier? Ist es nicht überall das Gleiche?

"H & M und Zara stellen ihre Kleidung genauso her, dort zahle ich nur ein bisschen mehr.“
Katharina, Studentin

Ein Anknüpfungspunkt könnte sein, nicht die negative Konsequenzen aufzuzeigen, sondern eher auf Alternativen und sichtbare Qualitätssiegel zu setzen. Das meint auch Natalia Wösch: "Die meisten Kampagnen von NGOs zeigen, was alles Schreckliches passieren kann, wenn man nicht nachhaltige Kleidung kauft".

“We didn’t think too much about it, but I’d be interested in learning more about sustainability. Especially because it’s so cheap I’m pretty sure it was made in the sweatshop.”
Kay und Casey, Psychologiestudentinnen aus New York

Gestärkt werden könnten Orientierung und Positivbeispiele zum Beispiel durch Bewertungsportale für Nachhaltigkeit. Das ist aber nicht alles. Die Kampagne für Saubere Kleidung fordert beispielsweise Textilsiegel, Transparenz, Kontrollen auch von staatlicher Seite. Die Crux beim Thema bleibt, dass auch niemand die Arbeitsplätze der Textilarbeiter gefährden will. Nur fair sollte es sein. Ab einem bestimmten Niedrigpreis wird das jedoch sehr schwierig.

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