PraktikumKämpft für faire Bezahlung von Praktika
Ein Praktikum kann beim Berufseinstieg helfen. Oder bei der Entscheidung, ob ihr euch wirklich für den richtigen Job entschieden habt. Für freiwillige Praktika, die mehr als drei Monate dauern, könnt ihr den Mindestlohn fordern.
Das Bundesarbeitsgericht hat über den Fall einer ehemaligen Praktikantin entschieden. Die hatte auf einer Reitanlage ein viermonatiges Orientierungspraktikum gemacht. Sie durfte währenddessen auf der Anlage kostenfrei wohnen, eine Entlohnung gab es für ihre Arbeit aber nicht. Nach dem Orientierungspraktikum hat sie sich gegen eine Ausbildung entschieden.
Jetzt hat sie rückwirkend auf Mindestlohnbezahlung geklagt. Das Bundesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Grund: Die Gesamtdauer des Praktikums betrug trotz einer Unterbrechung nicht länger als drei Monate. Das Praktikum hatte sich nur deswegen verlängert, weil die junge Frau zwischen Weihnachten und Neujahr 23 Tage Urlaub hatte. Diese Unterbrechung wird nicht zur Praktikumsdauer hinzu gerechnet.
Damit ihr überhaupt Geld für ein Praktikum bekommt, müssen einige Bedingungen erfüllt sein. Eine dieser Grundvoraussetzungen: Das Praktikum ist freiwillig und nicht im Rahmen der Berufsausbildung verpflichtend, erklärt Rechtsanwalt Hans Hanagarth.
"Jedes Praktikum, was ich im Rahmen meiner Berufsausbildung mache und was ich zwingend machen muss, da muss der Ausbilder keinen Mindestlohn zahlen."
Damit ihr überhaupt Geld für ein Praktikum bekommt, müssen einige Bedingungen erfüllt sein. Eine dieser Grundvoraussetzungen: Das Praktikum ist freiwillig und nicht im Rahmen der Berufsausbildung verpflichtend, erklärt Rechtsanwalt Hans Hanagarth.
Wenn ihr aber für den Ausbilder während eines Praktikums wirklich arbeitet und das nicht verpflichtend zur Berufsausbildung gehört, dann könnt ihr den Mindestlohn verlangen. Das heißt, es kommt auf das Wesen des Praktikums an und nicht auf den Inhalt, sagt Rechtsanwalt Hans Hanagarth.
Das lässt sich manchmal auch erst im Nachhinein feststellen. Die entscheidende Frage für den Rechtsanwalt ist: "War das ein zwingendes Praktikum im Rahmen meiner Berufsausbildung oder war das mehr eine Art billiges Arbeitsverhältnis?" Wer also freiwillig ein Praktikum macht und dafür einen Arbeitsvertrag erhält, in dem zum Beispiel ein Entgelt von 200 Euro im Monat festgeschrieben ist, hat eigentlich Anspruch auf den Mindestlohn. Vorausgesetzt, das Praktikum dauert länger als drei Monate ohne Unterbrechung. Für Praktika, die drei Monate und kürzer sind, muss weiterhin kein Gehalt gezahlt werden, wenn sie im Rahmen der Berufsausbildung stattfinden.
Gegen die Ausbeutung gerichtlich vorgehen
Für euch ist wichtig, was im Arbeitsvertrag steht, den ihr auch bei einem Praktikum mit dem Arbeitgeber abschließt. Steht darin, dass es sich um ein Arbeitspraktikum handelt, das nicht länger als drei Monate dauert, habt ihr kein Anrecht auf eine Bezahlung oder den Mindestlohn. Zahlt der Arbeitgeber trotzdem was, weil ihr zum Beispiel mit der Bahn kommen müsst, ist das eine freiwillige Leistung, sagt Rechtsanwalt Hans Hanagarth.
"Wenn die Arbeitgeber eine Aufwandsentschädigung zahlen, weil eben die Praktikanten mit der Bahn hinfahren müssen oder Ahnliches, dann ist das eine freiwillige Leistung und eine faire Geste."
Wer für ein freiwilliges Praktikum länger als drei Monate kein Geld bekommen hat, sollte sich überlegen, zu klagen, sagt Hans Hanagarth. Auch wenn das unangenehm ist. Denn der Rechtsanwalt ist der Meinung, dass sich die Situation nur dann ändern wird, wenn flächendeckend gegen Ausbeutung durch unbezahlte Praktika vorgegangen wird.
Könnt ihr euch keinen Anwalt leisten, bekommt ihr Unterstützung. Zum Beispiel über Beratungskostenhilfe oder Prozesskostenhilfe. Die gibt es schon, wenn ihr nicht mehr als 1000 Euro im Monat habt.
"Wenn jeder sich das gefallen lässt, dann wird sich das eher ausbreiten, als dass es so bleibt, wie bisher."
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