Racial ProfilingErst die Polizeikontrolle, dann die Quittung
Innenminister Horst Seehofer lehnt eine Studie über Racial Profiling innerhalb der Polizei ab – die Polizei Bremen will nun aktiv dagegen vorgehen. Ihr Vorschlag: Mehr Transparenz. Dafür sollen Quittungen sorgen, die den genauen Anlass der Kontrolle angeben.
Kontrollieren Polizistinnen und Polizisten eine Person ohne besonderen Anlass, sondern aufgrund des Erscheinungsbildes eines Menschen, handelt es sich sehr wahrscheinlich um Racial Profiling.
Neues Polizeigesetz soll Transparenz fördern
In Bremen plant der Senat nun ein neues Polizeigesetz, das Fällen von Racial Profiling entgegen wirken soll. Bei einer Kontrolle müssen Beamte ein Formular ausfüllen auf dem der Anlass der Kontrolle protokolliert ist.
Ähnliche Änderungen gibt es schon in Berlin: Mit dem neuen Anti-Diskriminierungsgesetz sollen Beamte sich künftig vor Gericht erklären müssen, sollte es zu Diskriminierungsvorwürfen kommen. Außerdem: Schweigen soll als Verteidigung nicht mehr möglich sein.
"Es ist sinnvoll, die Quittung für beide Seiten auszustellen. So können wir aus den gesammelten Daten lernen und so die Polizeiarbeit evaluieren und verbessern."
Niklas Harder ist Integrationsforscher und meint: Diese Maßnahme ist vor allem sinnvoll, weil sie eine Datenlage schaffen kann, mit der die Polizeiarbeit ausgewertet und verbessert werden kann. In New York wird schon länger mit solchen Formularen gearbeitet. Diese Daten waren und sind sehr wichtig für die Erforschung der Polizeiarbeit, sagt Niklas Harder.
Quittungen führen zu mehr Strafnachweisen
In New York haben die ähnlichen Maßnahmen dazu geführt, dass die Kontrollen öfter Treffer ergaben. Das bedeutet: Es gab insgesamt mehr Fälle, die nach einer Kontrolle weiterverfolgt wurden, sagt Niklas Harder.
"Anhand der Daten könnten wir nicht nur Racial Profiling besser erforschen, sondern beispielsweise auch, welche Faktoren dazu führen, dass eine Kontrolle tatsächlich eine Straftat entdeckt."
Die Daten, die durch die Formulare gesammelt werden, bieten ein großes Potential für verschiedene Forschungsräume, meint Niklas Harder. Es wäre nicht nur möglich, Racial Profiling besser untersuchen zu können, sondern beispielsweise auch Faktoren zu ermitteln, die eine Kontrolle effizient machen. Er glaubt nicht, dass eine solche Maßnahme zu weniger Kontrollen führen könnte, weil Beamte sich vor dem Vorwurf des Racial Profilings fürchten.
Mehrere Anhaltspunkte für Kontrolle notwendig
Denn: Liegt ein begründeter Verdacht vor, muss es mehr als nur einen Anhaltspunkt dafür geben. Niklas Harder hält die Formulare viel eher für ein Kontroll-Instrument für die Beamtinnen und Beamten selbst.
Sie sollen dadurch angehalten werden, sich kritisch zu hinterfragen: Warum will ich diese Person genau kontrollieren? Welche Anhaltspunkte gibt es? Können solche Fragen umfassend beantwortet werden, verlasse ein Polizist auch den Bereich des Racial Profilings, meint Niklas Harder.
Aufwand ist Frage der Umsetzung
Von Seiten der Polizei-Gewerkschaft gibt es allerdings auch Kritik: Eine solche Quittung bringe nicht nur bürokratischen Aufwand, sondern mache die Kontrollen auch für die kontrollierten Personen anstrengender.
Niklas Harder meint, das kommt auf die expliziten Regelungen bei der Umsetzung des Gesetzes an. Es sollte darauf geachtet werden, dass der Vorgang möglichst leicht, beispielsweise digital, umgesetzt werden kann und das Formular nicht zu kompliziert gestaltet ist. Für ihn ist klar: Das ist eine Frage der Umsetzung und kein grundsätzliches Argument gegen das Gesetz.