Politische KonflikteWie wir über heikle politische Themen diskutieren
Die Gruppe "Palestinians and Jews for Peace" vertritt das Motto: Wir
glauben an die Macht des Dialogs und nicht an die der Gewalt. Swetlana
und Faed sind beide bei der Gruppe am Start und erklären, warum es
wichtig ist, miteinander zu sprechen. Katty Nöllenburg, Mediatorin mit
dem Schwerpunkt politische und interreligiöse Konfliktaustragung, weiß,
wie wir am besten in konfliktbeladene Diskussionen gehen.
Swetlana (32) und Faed (30) haben einen jüdischen beziehungsweise palästinensischen Background. Sie versuchen aber zusammen für den Frieden in Nahost mit der Gruppe "Palestinians and Jews for Peace" einzustehen. Es geht besonders darum, miteinander einen Dialog zu führen. Die Gruppe hat kürzlich eine Friedens-Demo in Köln organisiert.
Auch wenn die politischen Unterschiede oft groß sind, stellen beide immer wieder viele Gemeinsamkeiten fest, erklärt Swetlana. Ähnliche Erlebnisse, die Mitglieder in der Gruppe haben, sind zum Beispiel die Diskussionen über Politik mit der Familie, Fragen zur eigenen Identität, Fluchterfahrungen oder auch erlebte Diskriminierungen. "Es hat sehr viel mit einem Wunsch nach einer besseren Welt zu tun, wofür wir uns einsetzen", sagt sie.
"Es ist unglaublich viel Verständnis da, und es ist eine unglaublich starke Community entstanden. Und das ist ein sehr schöner Rahmen, in dem so was wie Kritik geäußert werden kann."
Um sich zu verstehen, ist es wichtig, sich gegenseitig viel Verständnis entgegenzubringen. Innerhalb der Community ist trotz der Gegensätze ein sehr freier Raum für Kritik entstanden, sagt Swetlana. Faed ergänzt, dass nur mit Verständnis und Empathie, aber auch mit einer klaren Haltung Hass begegnet werden kann. Er selbst habe jahrelang den Nahostkonflikt ignoriert, obwohl er palästinensische Wurzeln hat. Mit dem Beginn des Kriegs ging das aber nicht mehr. Faed ist sehr froh, dass er die Gruppe gefunden hat, um sich mit anderen auszutauschen und ist stolz auf das, was sie gemeinsam tun.
"Was mich zur Gruppe hingeleitet hat, war einfach ein Gefühl der puren Verzweiflung."
Politische Meinungsverschiedenheiten klären
Unterschiedliche politische Ansichten und Wertekonflikte gibt es oft auch im eigenen Freundeskreis oder in der Familie. Sie anzusprechen ist sehr viel komplizierter als oberflächliche Meinungsverschiedenheiten zu klären, sagt Katty Nöllenburg, Mediatorin mit dem Schwerpunkt politische und interreligiöse Konfliktaustragung. Deswegen müsse man an solche Themen auch anders herangehen, wenn man sich austauschen will.
Selbstreflexion als erster Schritt
Gerade bei engen Freundschaften sollte man einem Gespräch über unterschiedliche Ansichten nicht aus dem Weg gehen. Besondere Aufmerksamkeit sollten wir auf die Planung des Gesprächs legen. Dabei sollten wir uns fragen, warum genau uns dieses eine Thema so wichtig ist, dass wir es klären wollen.
"Das ist der erste Erfolgsstein zu einem guten Gespräch, weil ich erklären kann, warum es mir so wichtig ist."
Wenn wir diese Fragen für uns geklärt haben, kann die Unterhaltung ein Erfolg werden. Vor dem Gespräch ist es außerdem hilfreich, miteinander Regeln aufzustellen. Zum Beispiel die, dass jede Person erst einmal ohne Einwände seine Meinung sagt.
Die eigenen Erwartungen überprüfen
Wer ein konstruktives Gespräch führen möchte, sollte eine gute Umgebung dafür schaffen. Katty Nöllenburg erklärt, dass sie selbst am liebsten ein "Walk und Talk" macht. Das bedeutet: Sie geht spazieren. Beim Gehen kann man gestikulieren, Stress abbauen und hat Platz.
"Gehe mit einem realistischen Erwartungsmanagement in das Gespräch. Das höchste Ziel ist, sich empathisch zu verstehen, das realistische ist, sich kognitiv zu verstehen."
Wenn wir über Werte oder politische Meinungen streiten, kann es nicht das Ziel sein, unser Gegenüber von der eigenen Meinung zu überzeugen, sagt Katty Nöllenburg. Denn vermutlich haben sich beide Parteien schon viele Gedanken zum Thema gemacht. Ziel könne es aber sein, sich kognitiv zu verstehen.
In den meisten Fällen ist es aber so, sagt Katty Nöllenburg, dass man sich darauf einigt, sich nicht einigen zu können. Trotzdem kann auch das die Freundschaft stärken, meint Katty Nöllenburg.