Politiker bei TinderKein match made in heaven
Sie wollen kein Date und keine geheime Affäre: Politiker haben sich in Tinder geschummelt, um Wahlwerbung zu machen.
Facebook, Twitter, Youtube oder Instagram sind die neuen Plakate: Schon lange nutzen Parteien in den USA und auch hierzulande Soziale Netzwerke für den Wahlkampf. Wo sich viele Menschen tummeln, da wollen auch die Politiker präsent sein. Also war es nur eine Frage der Zeit, bis Wahlwerbung die Dating-Plattformen erreicht. Und genau das ist jetzt in Europa passiert. "Stimmenkampf bei Tinder" heißt es derzeit bei österreichischen Online-Medien.
Warum gerade Tinder? 1,6 Milliarden Profile - 50 Millionen aktive Nutzer weltweit. Und natürlich suchen dort auch Wiener nach Dates. Menschen, die wahrscheinlich relativ jung sind. Und genau auf dieses Publikum zielt die liberale Partei NEOS ab. In der Theorie klingt die Idee also gut. In der Praxis müssen Tinder-Politiker allerdings einige Hürden überwinden. Tinder hat nämlich noch kein offizielles Werbesystem, es gibt keine offiziellen Werbekonten. Also legen Politiker normale Dating-Profile an - so als würden sie einen Partner suchen. Da lächelt dann etwa Mirela, 25, und lässt fragen:
"K(B)ussi Baby fürs Kreuzerl maybe?!"
Was passiert, wenn man Mirela in die Tonne wischt, ist klar. Der andere Fall schon weniger. In der Schweiz, wo es gerade ebenfalls Experimente mit Wahlwerbung auf Tinder gibt, versprach eine Grüne Nationalrätin den Usern - männlich oder weiblich - bei einem Match ein Treffen auf ein gemeinsames Bier.
Viel Geld für Alkohol musste die Politikerin dann aber nicht investieren, weil ihr Tinder-Profil von verärgerten Usern gemeldet wurde. 20 Einladungen zum Bier-Date sollen bis dahin zusammengekommen sein. Dann beschwerten sich andere Nutzer, die keine Parteienwerbung bei Tinder sehen wollten. Die Folge: Das Profil der Schweizerin wurde vorübergehend gesperrt. Und das könnte theoretisch auch den österreichischen Nachwuchspolitikern passieren.
Dass es auf Datingplattformen künftig noch mehr um die große Politik geht, ist aber kaum zu befürchten. Wenn überhaupt, dann werden das wohl vor allem sehr junge Politiker probieren. Dass Sigmar Gabriel oder Angela Merkel bei unseren Tinder-Matches erscheinen, übersteigt zurzeit noch das Vorstellungsvermögen. Aber um den eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern, so die Social-Media-Expertin und Geschäftsführerin der Agentur Digital Affairs, Judith Denkmayr, sei Tinder für junge Politiker erst einmal eine gute Idee. Wer am Wahlkampfstand in der Fußgängerzone seine Wähler nicht mehr erreicht, muss sich etwas einfallen lassen. Die österreichischen Piraten haben gerade erst Anzeigen auf Youporn geschaltet.