Politik in ÖsterreichInnenminister will Asylsuchende außerhalb der EU unterbringen

Die Regierung in Wien schlägt vor, Migranten während der Prüfung von Asylanträgen außerhalb der EU unterzubringen. Damit folgt Österreich einem britischen Modell. Großbritannien hatte so einen Deal im April mit Ruanda gemacht.

Der Innenminister Österreichs Gerhard Karner sagte der Zeit, dass Österreich Asylsuchende während der Prüfung der Anträge außerhalb der EU unterbringen möchte. Großbritannien geht diesen Weg bereits und hat ein Abkommen mit Ruanda zur Aufnahme von Geflüchteten gemacht.

Dass der EU-Staat Österreich das Vorhaben nicht so einfach umsetzen kann, erklärt Politikwissenschaftler Olaf Kleist vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung. Als EU-Mitglied sei es zunächst einmal schwierig, andere Staaten zu finden, die sich an so einem Deal beteiligen. Außerdem stehen Gesetze dem Vorhaben entgegen.

"Rechtlich ist es gar nicht möglich. Es gibt klare Vorgaben durch die EU, wie mit Asylsuchenden umzugehen ist und wie Asylverfahren auszusehen haben. Unter der europäischen Menschenrechts-Charta sind solche Abschiebungen von Asylsuchenden verboten."
Olaf Kleist, Politikwissenschaftler am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung

Profilierung des österreichischen Innenministers Gerhard Karner

Der Politikwissenschaftler vermutet, dass es dem österreichischen Innenminister Gerhard Karner vor allem um Profilierung geht. Er fügt hinzu, dass es sich zunächst auch nur um ein Statement handelt.

Warum der Plan aus Wien voraussichtlich scheitern wird, erklärt Kleist am Beispiel Großbritannien, das einen Deal zur Flüchtlingsaufnahme mit Ruanda gemacht hat – der erste Flug mit Asylsuchenden nach Ruanda startet nächste Woche. Für die Abnahme der Menschen erhält Ruanda umgerechnet 140 Millionen Euro von Großbritannien.

Obwohl das Vereinigte Königreich seit dem Brexit nicht mehr zur Europäischen Union gehört, und sich nicht nach den EU-Gesetzen richten muss, gilt für den Inselstaat unter anderem die Europäische Menschenrechts-Charta.

"Die Regierung in London will einfach Härte zeigen in der Migrationspolitik", vermutet Kleist. Dem aufnehmenden Staat, Ruanda, gehe es vor allem ums Geld.

Wie die ruandische Bevölkerung die Aufnahme britischer Flüchtlinge findet, kann der Politikwissenschaftler nicht eindeutig bewerten. Er meint, dass die Gefühle gegenüber dem Vorhaben aber gemischt sein dürften: "Die Opposition ist auf jeden Fall dagegen." Die Regierung Ruandas sei nicht demokratisch. Grund- und Menschenrechte sind dort eingeschränkt, erläutert Kleist.

"Es geht Ruanda bei dem Deal darum, Geld zu bekommen. Die Leidtragenden sind die Flüchtlinge."
Olaf Kleist, Politikwissenschaftler am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung

Die schlechte Lage der Menschenrechte in Ruanda ist bei der Bevölkerung in Großbritannien bekannt. Menschenrechtsgruppen haben deswegen erste Klagen gegen die Pläne angekündigt. Politikwissenschaftler Olaf Kleist geht davon aus, dass die Klagen gegen die Pläne Erfolg haben werden – auch wenn das Vereinigte Königreich nicht mehr Teil der EU ist.

Der Politikwissenschaftler schätzt auch, dass das österreichische Vorhaben keinen Erfolg haben wird. "Wir haben zunehmend bei EU-Gerichten gesehen, dass sie Push-Backs und andere Dinge nur eingeschränkt zulassen. Ich glaube, dass der aktuelle Plan zu weit geht. Die österreichische Politik wird damit nicht durchkommen", sagt Olaf Kleist.