Gedichte auf Social MediaInstapoetry: Wann aus Kitsch Kunst wird
Immer öfter finden wir in unseren Insta-Feeds lyrische Zweizeiler, manchmal sogar ganze Gedichte. Warum sie so erfolgreich sind und was der Unterschied zwischen kitschigem Kalenderspruch und komplexer Poesie ist - darüber sprechen wir in der Ab 21.
Poesie funktioniert auf Instagram inzwischen fast so gut wie Sonnenuntergänge und Bikinis: Das soziale Medium, das eigentlich als oberflächlich gilt, quillt über mit Fotos von (Pseudo-)Lyrik - die Worte oft bebildert mit einer Schreibmaschine.
Clara Louise macht das ziemlich erfolgreich: Über 168.000 Follower hat die Dichterin auf Instagram und hat bereits zwei Gedichtbände veröffentlicht.
Mit dem Begriff "Insta-Poetin" hat Clara Louise aber ein Problem: Ihre Gedichte verfasst sie nicht explizit für die App – diese sind für die Plattform schlicht zu lang und erscheinen deswegen in gekürzter Form. Trotzdem schätzt die Lyrikerin die Gemeinschaft auf Instagram und bekommt kaum negatives Feedback.
"Es ist ja schön, dass ein bis zwei Sätze reichen, um etwas in einem Menschen auszulösen."
Auch Max Richard Leßmann veröffentlicht Gedichte auf Instagram. Dabei beschränkt der Musiker sich aber explizit auf Romantik – inklusive sperrigem Hashtag #dasromantischegedichtiminternet - und hat eine komplett gegensätzliche Poesie-Ästhetik als den nostalgischen Pastell-Mainstream.
Zunächst veröffentlichte Max Gedichte mit teilweise mehreren Strophen, merkte aber schnell, dass auf Instagram Kurzes einfach besser funktioniert – für das Medium passte er seine Poesie an.
"Eigentlich ist das ja nur ein Medium, über das man sich mitteilt."
Wenn Gedichte durch Instagram eine neue Blüte erleben, muss man dann überhaupt zwischen Insta-Lyrik und Gedichtband unterscheiden? Nicht unbedingt, meint Ariadne von Schirach.
Poesie auf Instagram: Zwischen banalen Sprüchen und tiefgründigen Zeilen
Die Kulturkritikerin und Philosophin ist überzeugt davon, dass "Poesie das Ringen um den eigenen Ausdruck" ist. Wie kurz und trivial dieser Ausdruck dann ist, ist nicht wichtig – wenn es einem selbst dann immer noch gefällt.
Ariadne selbst postet auf Twitter Mini-Gedichte übers Wetter – bezeichnet sich aber selbst nicht als Poetin.