GroKo-Pläne zur StaatsangehörigkeitEin bisschen Leitkultur im Gesetzentwurf
Die Koalition möchte das Staatsangehörigkeitsrecht ändern. Eigentlich sollte es um sogenannte IS-Kämpfer gehen, dann wurde der Entwurf recht umfassend erweitert. Kritik gibt es reichlich - auch unsere Korrespondentin findet die Pläne problematisch.
Die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD möchte das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht ändern. Am 27. Juni sollen die Änderungen vom Bundestag beschlossen werden.
Ursprünglich sollte nur der folgende Punkt geregelt werden:
- Terrorkämpfern mit Doppelpass, insbesondere IS-Kämpfern, soll die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden können, wenn sie nachweislich gekämpft haben. Das geht deswegen nur, wenn sie doppelte Staatsbürger sind, weil keiner deutschen Staatsbürgerin und keinem deutschen Staatsbürger die Staatsbürgerschaft aufgrund eines Gesetzes und gegen seinen Willen entzogen werden darf, wenn sie dadurch staatenlos werden (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG).
"Der ursprüngliche Anlass war, dass man versuchen wollte Terrorkämpfern die Staatsbürgerschaft zu entziehen."
Entzug der Staatsbürgerschaft
Bereits dieser Punkt der geplanten Änderungen ist problematisch, sagt Gudula Geuther aus dem DLF-Hauptstadtstudio. Weil der IS kein Staat im völkerrechtlichen Sinn ist, IS-Kämpfer also keine andere Staatsbürgerschaft haben, ist der Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft ein sogenanntes Unwerturteil – also ein ethisches Urteil.
"Im Prinzip ist das ein Unwerturteil. Jemand verstößt sozusagen gegen den deutschen Geist. Das kann man dann mit allem Möglichen machen. Das hat mit Staatsangehörigkeitsrecht nichts zu tun."
Kriterien für die Einbürgerung
Einzelne Unionspolitiker haben dann erfolgreich versucht, das Kriterium Mehr- und Vielehe auch als Grund einzuführen, um eine Einbürgerung zu verhindern. CDU/CSU und SPD haben sich tatsächlich darauf geeinigt, dass es noch weitere Änderungen geben soll.
- Unter falschen Angaben erlangte Einbürgerungen sollen zehn statt wie bisher nur fünf Jahre rückgängig gemacht werden können.
- Eingebürgert werden soll nur, wessen Identität eindeutig fest steht.
- Wer in Mehr- oder Vielehe lebt, soll von einer Einbürgerung ausgeschlossen werden.
Grundsätzlich erwerben Menschen mit achtjährigem Aufenthalt in der Bundesrepublik einen rechtlichen Anspruch auf Einbürgerung, daran ändert sich auch nach den geplanten Änderungen nichts (Staatsangehörigkeitsgesetz § 10).
Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse
Als zusätzliche Bedingung für die Einbürgerung neben Straffreiheit, Bekenntnis zur Verfassung, Einbürgerungs- und Sprachtest und weiterem mehr soll dem Entwurf zufolge die Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse als Voraussetzung für die Einbürgerung herangezogen werden. Kritiker des Gesetzesvorhabens halten die Formulierung für mehr oder weniger gleichbedeutend mit Leitkultur.
Explizit steht der Ausschluss von Viel- und Mehrehe nicht im Entwurf, aber in der Begründung wird das als Ausschlussgrund für die Einbürgerung genannt, sagt Gudula Geuther. Kritik kommt von einer Vielzahl von Akteuren: von postmigrantischen Organisationen, vom Verein Republikanischer Anwältinnen und Anwälte, vom Paritätischen Wohlfahrtsverband und von Juristen – sehr weitgehende beispielsweise von Tarik Tabbara.
"Die Kritik bezieht sich eben auf diese unbestimmte Formulierung, weil wir schon mal ein Einbürgerungsrecht hatten, wo geprüft wurde, ob man sich an eine deutsche Leitkultur hält."
Sie kritisieren das Gesetz insgesamt und insbesondere den vagen Punkt Eingliederung in deutsche Lebensverhältnisse. Die Kritker fühlen sich an deutlich älteres deutsches Einbürgerungsrecht erinnert. Der Jurist Tarik Tabbara schreibt von restaurativem Rollback.
Anspruch auf Einbürgerung bleibt bestehen
Gudula Geuther ist sich nicht sicher, ob die Sorge berechtigt ist, dass der Entwurf den entscheidenden Beamten einen zu großen Spielraum einräumt. Letztlich würde sich das dann erst in entsprechenden Gerichtsentscheidungen zeigen, wenn also Betroffene den Rechtsweg wählen.
Der Anspruch auf Einbürgerung bleibe grundsätzlich bestehen und nur bei deutlichen Hinweisen darauf, dass die Eingliederung in deutsche Lebensverhältnisse nicht erfolgt sei, dürfe er mit dieser Begründung auch abgewiesen werden.