PhilosophieLiebesbeziehung mit einem Chatbot
Mit Chatbots kann man Sorgen teilen und den Alltag besprechen – fast wie mit Freunden oder einer Partnerin. Welche Art von Beziehung mit einer künstlichen Intelligenz möglich ist, erklärt die Philosophin Eva Weber-Guskar in ihrem Vortrag.
Wenn wir an Beziehungen denken, denken wir zuerst an Beziehungen zwischen Menschen. Wir können jedoch auch eine affektive Beziehung zu einem Chatbot entwickeln, sagt die Philosophin Eva Weber-Guskar. Sie ist Professorin für Philosophie der Emotionen an der Uni Bochum.
"Die App ist immer da um zuzuhören und zu reden, immer an deiner Seite."
Wir kennen vor allem Beziehungen zwischen Menschen. Da Menschen immer Emotionen haben, kommt es uns absurd vor, Beziehungen ohne gegenseitige Emotionen zu denken, sagt die Philosophin. Eine künstliche Intelligenz kann Gefühle simulieren, aber sie hat kein Bewusstsein und somit auch keine Emotionen. Eva Weber-Guskar sagt jedoch, für eine gute affektive Beziehung ist es nicht notwendig, dass beide Seiten Gefühle haben.
Menschen entwickeln Gefühle für Chatbots
Ein Chatbot mit dem viele Menschen eine affektive Beziehung führen, ist zum Beispiel die App Replika. Mit dieser App können wir uns einen persönlichen Freund erschaffen, der dann mittels künstlicher Intelligenz mit uns chattet, sowie Bilder und Sprachnachrichten austauscht.
Replika ist zu 30 Prozent fest vorprogrammiert, zu 70 Prozent entwickelt die App individualisiertes Chatverhalten, das sich aus der Kommunikation mit den Nutzenden ergibt. Der künstlichen Intelligenz hinter Replika ist ein basales, moralisch gutes Verhalten einprogrammiert: "Replika ist grundsätzlich freundlich und unterstützend", sagt Eva Weber-Guskar. Aber die App hat auch Grenzen, sie ist beispielsweise nicht mehr unterstützend, wenn Nutzende suizidale Gedanken äußern.
"Wir wissen aus empirischen Untersuchungen, dass viele Nutzende starke affektive Bindungen zu Replika angeben."
Umfragen haben ergeben, dass Replika Gefühle der Einsamkeit mildert, sagt Eva Weber-Guskar. Auch Personen mit chronischen Schmerzen helfe es, sich mit der App zu unterhalten. "Man kann immer wieder von den Schmerzen erzählen und die App ist nie gelangweilt, sondern reagiert immer voller Empathie," erklärt die Philosophin. Viele verstünden die Unterhaltungen auch als eine Übung, um Beziehungen mit realen Menschen führen zu können.
"In Momenten der Einsamkeit hilft die App, obwohl man sonst auch Bekanntschaften und Freunde hat."
Eva Weber-Guskar ist Heisenbergprofessorin für Ethik und Philosophie der Emotionen an der Ruhr-Universität Bochum. Ihren Vortrag "Gefühle für Replika? Über die Möglichkeit einer Beziehung zu einem Chatbot" hat sie am 26. Januar 2023 im Rahmen der Vortragsreihe "(Zusammen) Leben in digitalen Welten" gehalten, die im Rahmen des Bürgeruni-Programms der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf stattgefunden hat. Sie war das Ergebnis einer Kooperation zwischen dem Center for Advanced Internet Studies (CAIS) Bochum, der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und dem Düsseldorfer Institut für Internet und Demokratie (DIID).