PflanzenschutzmittelStudie: Fehlbildungen bei Amphibien durch Glyphosat
Glyphosat ist ein wirksames Mittel gegen Unkraut. Es stand in der Vergangenheit aber auch immer wieder im Verdacht, krebserregend zu sein. Eine neue Studie bestätigt jetzt: Der Unkrautvernichter schädigt nicht nur pflanzlichen Organismen.
Glyphosat ist in der Landwirtschaft ein beliebtes Mittel: Einmal aufgesprüht befreit es Felder und Fugen wirksam von unliebsamen Pflanzen. Es ist ein sogenanntes Totalherbizid. Heißt: Es tötet alle grünen Pflanzen ab. Praktisch, wenn man Pflanzen töten will – es gibt aber auch viel Kritik an dem weit verbreiteten Pflanzenschutz- bzw. -vernichtungsmittel. Unter anderem steht es schon lange im Verdacht, krebserregend zu wirken.
Zulassung von Glyphosat in der EU läuft Ende 2023 aus
Bisher ist das umstrittene Mittel in der EU noch zugelassen. Nach langen Diskussionen hat die EU die Zulassung bis Ende 2023 verlängert. Wie es danach weitergeht, ist noch nicht beschlossen. Eine neue Studie von Forschenden aus Ulm bestätigt allerdings jetzt die schädigende Wirkung für andere Organismen als Pflanzen.
"In früheren Studien wurden oft Herbizide untersucht, die Glyphosat enthalten – aber eben nicht ausschließlich. In dieser Studie wurde tatsächlich nur Glyphosat in verschiedenen Konzentrationen getestet."
Weil in bisherigen Studien meist nur glyphosathaltige Unkrautvernichter getestet wurden, aber nicht ausschließlich Glyphosat, konnten sich Verteidiger*innen genau darauf berufen: Oft hieß es, die nachgewiesene schädigende Wirkung gehe von den anderen Inhaltsstoffen aus, erklärt unsere Reporterin Veronika von Borries.
Reines Glyphosat getestet
In der Studie aus Ulm wurde nun nur Glyphosat getestet und zwar in unterschiedlichen Konzentrationen. Das Untersuchungsobjekt waren Kaulquappen des Afrikanischen Krallenfroschs. So sollte die Wirkung auf andere Organismen als Pflanzen erstmalig ermittelt werden. Eier dieses Frosches wurden im Labor in Wasser mit verschiedener Glyphosat-Konzentration ausgebrütet und anschließend untersucht.
"Es wurden Konzentrationen getestet, die bereits in europäischen Gewässern vorzufinden sind und andererseits extrem hohe Konzentrationen, die auftreten können, wenn Glyphosat unsachgemäß ausgebracht wird."
Die Entwicklung der Frösche in dem glyphosathaltigen Wasser wurde beobachtet. Dabei entsprachen die Konzentrationen im Wasser einerseits Konzentrationen, die bereits in deutschen und europäischen Gewässern vorhanden sind, in denen die Frösche auch leben, und andererseits extrem hohe Konzentrationen, die bei unsachgemäßen Gebrauch von Glyphosat oder einem Unfall mit dem Mittel auftreten können.
Das Ergebnis der Studie ist eindeutig: Schon bei geringsten Konzentrationen von Glyphosat entwickelten die Kaulquappen Fehlbildungen. Die Larven waren wesentlich kleiner als Vergleichstiere, die in Wasser ohne Glyphosat aufwuchsen. Außerdem hatten sie kleinere Augen und Köpfe und bewegten sich hektischer. Ihre Körper waren verkrümmt und ihre Hirnnerven und Herzen wiesen Fehlbildungen auf.
"Wieso diese Fehlbildungen entstehen, ist noch unklar. Denn: Glyphosat tötet Pflanzen ab, weil es einen bestimmten Stoffwechselprozess stört, den es aber bei Tieren und Menschen nicht gibt."
Es gibt Hinweise darauf, dass Glyphosat Gene hemmt, doch die genaue Ursache für die Fehlbildungen ist noch unklar. Denn: Glyphosat ist ein Mittel, dass Pflanzen und bestimmte Bakterien abtötet, indem es einen bestimmten Stoffwechselprozess stört – den gibt es so aber bei Menschen und Tieren nicht.
Auch für Menschen schädlich
Dennoch gibt es unterschiedliche Hinweise auf eine schädigenden Wirkung von Glyphosat auf Menschen und Tiere, erklärt unsere Reporterin – so etwa, dass Bienen durch das Mittel ihren Orientierungssinn verlieren und ihr Immunsystem dadurch geschwächt wird. Auch Hinweis auf eine schädigende Wirkung auf Frösche und Fische gibt es. Und eine weitere Studie legt nahe, dass das Mittel wohl auch zum weltweiten Amphibiensterben beiträgt.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft den Stoff zudem als wahrscheinlich krebserregend bei Menschen ein. Nicht ohne Grund hat der Hersteller Monsanto in den USA bereits Millionen an Menschen gezahlt, die argumentierten, dass sie durch den Einsatz von Glyphosat an Krebs erkrankt seien. Glyphosat wurde außerdem auch im menschlichen Urin nachgewiesen
Schwieriges Verbot weil Glyphosat weit verbreitet
Die Hersteller des Pflanzenvernichtungsmittels verweisen hingegen weiter darauf, dass es sich dabei bisher nur um Verdachtsfälle handele. Sie argumentieren außerdem, dass die Alternativen zu Glyphosat noch schädlicher seien. An den Argumenten ist teils auch was dran, sagt Veronika.
Allerdings liegt der Hauptgrund für die Kritik an einem Glyphosat-Verbot wohl eher darin, dass Glyphosat das am weitesten verbreitete Herbizid weltweit ist. Allein in Deutschland werden jährlich 5.000 Tonnen auf die Äcker gesprüht. Ein Verbot lässt sich also nicht ohne Weiteres durchsetzen.