Pfarrer Regamy ThillainathanKirche: "Wir müssen aufhören, ein Großunternehmen zu sein"
Mit 17 geht Regamy Thillainathan für mehrere Jahre ins Kloster. Dort findet er Antworten auf die Fragen, die er selbst nicht mal formulieren kann. Später studiert er Theologie und wird Priester. Heute arbeitet er als Pfarrer im Erzbistum Köln und hilft anderen dabei, ihre Berufung zu finden. Mit der katholischen Kirche ringt er immer wieder. Und die Kirchensteuer würde er am liebsten abschaffen.
Während der Schulzeit stirbt eine enge Freundin von Regamy Thillainathan. Ihr Tod löst bei dem Jugendlichen damals eine ganze Reihe grundlegender Fragen aus: "Woher komme ich, wieso lebe ich, wohin gehe ich?" Antworten findet Regamy Thillainathan damals bei Mönchen im Kloster. Vor allem von Pater Manolo, einem alten spanischen Mönch, ist Regamy fasziniert. Regamy denkt damals, Pater Manolo muss auf jeden Fall kiffen, weil der immer so glücklich wirkt.
"Er sagte mir: Regamy, ich hab meinen Platz im Leben gefunden, deshalb bin ich so glücklich."
Drei Jahre lang lebt Regamy dann im Kloster. Später studiert er Theologie und wird zum Priester geweiht. Heute ist Regamy 38, lebt in einer WG in Bonn und arbeitet als Leiter der Berufungspastoral in der Diözesanstelle im Erzbistum Köln. Hier hilft er jungen Menschen dabei herauszufinden, welchen Lebensweg sie einschlagen wollen und ob ein Leben innerhalb der Kirche was für sie sein könnte.
"Wofür lohnt es sich, morgens aufzustehen? Nicht nur morgen, sondern jeden morgen."
Daran gezweifelt, ob sein eigener Lebensweg der richtige war, hat Regamy zwar nie – dafür aber an der Institution, für die er arbeitet.
"Ich ringe manchmal auch mit der Institution Kirche."
Der katholische Pfarrer kann verstehen, dass Menschen das Vertrauen in die katholische Kirche verloren haben, vor allem angesichts der Missbrauchsskandale und ihrer schleppenden Aufarbeitung. In seiner Arbeit will er verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnen und Veränderungen anstoßen.
"Urteilen und kritisieren, das kann jeder. Aber verändern, das kann man nur, wenn man bereit ist, auch hineinzusteigen, die Ärmel hochzukrempeln und anzupacken."
Regamy selbst ist Mitglied der Corpus Christi Bewegung, die von Mutter Theresa gegründet wurde und deren Mitglieder einfach und ohne viel Besitz leben. Wenn es nach ihm ginge, würde die Kirchensteuer, so wie sie aktuell in Deutschland besteht, abgeschafft. "Wir müssen aufhören, ein großes oder mittelständiges Unternehmen zu sein und uns zu den Basics zurückbesinnen", sagt er.
"In vielen Ländern funktioniert die Kirche auch ohne ein solches Steuersystem sehr gut."
Stattdessen schlägt Regamy eine Solidarsteuer vor, bei der jeder – unabhängig vom Glauben – einen Beitrag leisten sollte und am Ende bestimmen kann, wofür das Geld gespendet wird.
Im Deep Talk spricht Regamy außerdem darüber, was er geworden wäre, wenn er keine Kirchenlaufbahn eingeschlagen hätte und wie schwierig es für ihn war, im Kloster zwei Stunden lang still zu sein und zu beten.