Peinliche VorliebenTraut euch, Kitsch zu genießen
Guilty Pleasures sind Dinge in unserem Leben, die uns ein bisschen peinlich sind. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir uns romantische Komödien reinziehen und ein Happy End erwarten. Die Philosophin Lisa Schmalzried sagt, dass wir aufhören müssen diese Eigenschaft als etwas Schlechtes wahrzunehmen.
Im Regen steht ein sich küssendes Paar, im Hintergrund hören wir dramatische Musik und wir sitzen weinend und gleichzeitig peinlich berührt auf dem Sofa. Dass wir den Film schon zum dritten Mal geguckt haben, muss ja niemand wissen. Und sollte uns dabei mal jemand erwischen, können wir immer noch sagen: Sorry, Kitschfilme sind mein Guilty Pleasure. Die Philosophin Lisa Schmalzried sagt, dass dort unser Problem beginnt. Stecken wir bestimmte Dinge erst mal in diese Schamschublade, können wir sie nicht mehr richtig genießen. Deshalb sollten wir genau deshalb nicht in solchen Kategorien denken.
"Wenn wir etwas als Guilty Pleasure wahrnehmen, haben wir das Gefühl, es ist etwas Kitschiges und Trashiges. Das verhindert, dass wir es genießen können."
Wir schämen uns, weil wir eigentlich bedeutsamere Dinge machen wollen
Aber schließlich fragen wir uns selbst, warum wir als durchschnittlich intelligente Menschen so auf Trash TV, Kitschfilme oder sonstige Dinge abfahren, von denen wir wissen, dass sie wenig Substanz haben. Lisa Schmalzried rät uns, erst mal zu hinterfragen, warum wir bei solchen Dingen überhaupt ein schlechtes Gewissen bekommen.
Hochkultur versus Entspannung
Ist es, weil wir in dieser Zeit eigentlich produktivere Sachen machen wollen? Wie zum Sport gehen, ein gutes Buch lesen oder endlich mal diese ganz tolle Oper von Mozart hören, die uns von der Schwiegermutter empfohlen wurde. Aber da sind wir schon am Punkt, denn so was wollen wir vielleicht nur machen, um in bestimmten Momenten hochkulturelles Wissen raushauen zu können.
Das ist aus Lisa Schmalzrieds Sicht wenig produktiv, wir sollten stattdessen lieber akzeptieren, dass wir zum Beispiel Kitschfilme wirklich mögen und sie uns entspannen.
"Weg mit dem schlechten Gewissen. Mach dich frei von Standards, die dir von außen aufoktroyiert werden."
Eine Möglichkeit, die wir alle nutzen, um uns ungeniert Trash TV reinziehen zu können, ist: Wir ironisieren einfach alles. In vollem Bewusstsein, dass die gerade angeschaute Sendung völliger Quatsch ist, können wir es auf einmal genießen. Lisa Schmalzried sagt, dann würden wir uns vom Objekt distanzieren, weil wir ja wissen, dass es besonders schlecht ist.
"Es ist gut, weil es so schrecklich ist."
Und obwohl wir unsere Guilty Pleasures genießen dürfen, können wir uns auch beim Schauen von fragwürdigen Fernsehsendungen fragen: Ist das moralisch überhaupt vertretbar? Denn Genuss und Kritik schließen sich an dieser Stelle nicht aus.