Ungleiches AbstammungsrechtGesa und Verena wollen offiziell eine Familie sein
Gesa und Verena sind beide die Mutter von Paula. Für sie ist das klar wie nichts anderes auf der Welt. Per Gesetz kann es allerdings nur eine Mutter geben. Jetzt kämpfen sie darum, dass beide offiziell als Eltern anerkannt werden.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch, Paragraf 1592, Absatz 1 steht: "Vater eines Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist." Das bedeutet: In der Geburtsurkunde ist die Person, die das Kind zu Welt bringt, automatisch die Mutter. Und wer mit dieser Person verheiratet ist, ist der Vater – tatsächliche Abstammung spielen also bei der Frage der Elternschaft erst mal keine Rolle.
Doch spielen sie auch keine Rolle, wenn das Kind keinen Vater, sondern eine zweite Mutter hat? Bisher nicht. Bei einem gleichgeschlechtlichen Paar oder einem Paar mit Divers-Eintrag wird das zweite Elternteil in der Geburtsurkunde nicht als solches anerkannt.
Um das zu ändern, sind das Ehepaar Gesa Teichert-Akkermann und Verena Akkermann vor Gericht gegangen. Unterstützt werden sie dabei von Lea Beckmann, Juristin bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Sie fordert, dass das Abstammungsrecht diskriminierungsfrei gelten solle.
"Kriterium ist wirklich nur, wer ist verheiratet mit der gebärenden Person. Und das muss dann eben diskriminierungsfrei für Personen aller Geschlechter gelten."
Die Frage nach der Elternschaft: allgegenwärtig
Dass ihre Tochter Paula rechtlich nur eine Mutter haben wird, wurde Gesa und Verena erst kurz vor der Geburt klar: "Dann saßen wir beide wirklich im Herbst vorvergangenen Jahres ziemlich geschockt und auch für einen Moment verzweifelt bei uns im Wohnzimmer", erzählt Gesa Teichert-Akkermann.
Denn rechtlich gesehen hängt viel an der Anerkennung der Elternschaft. Es geht um die großen Fragen wie: Wer hat die Erziehungsverantwortung? Was ist mit dem Erbrecht? Aber auch im Alltag gibt es immer wieder Situationen, in denen man damit konfrontiert wird: Wer darf beispielsweise bei der Kinderärztin die Entscheidungen treffen?
Paula hätte Vollwaise werden können
Und dann geht es noch um den Worst Case. Was ist, wenn der offiziellen Mutter etwas passiert? Dann würde das Kind rechtlich gesehen zu einer Vollwaisen werden. Bei Gesa und Verena war dieses Szenario gar nicht so unwirklich, da Gesa eine Risikoschwangerschaft hatte. Drei Tage vor der Geburt hat sie deshalb noch ein Testament geschrieben, erzählt sie.
"Ich hab zum Beispiel drei Tage vor der Entbindung mich hingesetzt und ein Testament geschrieben, weil mir klar war, wenn mir was bei der Geburt passiert, dann ist Paula Vollwaise."
Tatsächlich gab es für Gesa und Paula Komplikationen bei der Geburt, die die beiden aber gut überstanden haben.
Adoption war keine Option
Statt vor Gericht zu gehen, hätte es für Gesa und Verena noch die Möglichkeit der Stiefkindadoption gegeben. Die Person, die das Kind nicht geboren hat, adoptiert dabei das Kind. Der Prozess ist allerdings lang, aufwendig und wird von vielen Betroffenen als Tortur wahrgenommen. Für Gesa und Verena war diese Option deshalb keine. Sie wollen ganz offiziell von dem Rechtsstaat, in dem sie leben, als das anerkannt werden, was sie sind, erzählt Gesa.
"Es ist tatsächlich für uns aus einer tiefen inneren Überzeugung der einzige Weg, der für uns ernsthaft möglich war. Ich möchte mich auf den Rechtsstaat, in dem ich lebe, verlassen."
Und deshalb ist die Familie Akkermann vor Gericht gezogen. Ihre Hoffnung ist, dass sie Ende Februar vom Oberlandesgericht Celle den Entscheid bekommen, dass Paula offiziell zwei Mütter in ihrer Geburtsurkunde stehen haben darf.
Und wenn nicht – dann gehe es eben weiter zum Bundesverfassungsgericht, um dort für Paula und noch circa weitere 10.000 Kinder in Deutschland den Weg zu einer ganz normalen Familie zu ebnen.
Unser Bild zeigt Gesa und Verena zusammen mit ihrer Tochter Paula.