ParlamentswahlFrankreich: Wählen geht auch online
Auch Franzosen im Ausland können bei der Parlamentswahl ihre Stimme abgeben. Das geht sogar online – und funktioniert ziemlich gut, findet unser Netzreporter Andi Noll, der die doppelte Staatsbürgerschaft besitzt und bereits gewählt hat.
Während bei uns in Deutschland viele Digitalprojekte scheitern, geht das in Frankreich offensichtlich unproblematischer. Seit dem Frühjahr gibt es dort inzwischen den digitalen Führerschein. Bei uns noch nicht. Und auch bei der anstehenden Parlamentswahl gibt es für Wahlberechtigte die Möglichkeit, online zu wählen.
"Ich habe die doppelte Staatsbürgerschaft und habe gestern per Internet gewählt. Und ich kann nur sagen: feine Sache!"
Unser Netzautor Andi Noll musste sich dazu zunächst im französischen digitalen Verwaltungssystem registrieren. "Das ist ein System, mit dem man auch Reisepässe oder Personalausweise beantragen kann", erklärt er.
Registrierung bei den französischen Behörden
Vor dem Wählen bekommt er dann eine Mail mit einem sogenannten Identifiant zugesendet. Mit dieser Zahlen-Buchstaben-Kombination und einem Passwort, was ebenfalls kurz vor der Wahl per SMS kommt, kann sich Andi dann im Wahlportal einloggen.
"Man kann sich zunächst seinen Wahlkreis aussuchen – für Auslandsfranzosen ist der sehr groß, umfasst neben Deutschland auch viele weitere EU-Staaten. Und dann sind dort alle Kandidatinnen und Kandidaten aufgelistet."
Auch die Wahlinformation funktioniert über das Netz. Dann wählt man einen Kandidaten oder eine Kandidatin aus, bestätigt die Wahl noch einmal und bekommt dann – bevor der Klick wirklich zählt – erneut ein Passwort zugeschickt. Das muss Andi dann zur Bestätigung eingeben. Damit ist die digitale Wahl abgeschlossen und verifiziert.
Analog oder digital
Doppelt wählen geht übrigens nicht. Denn in dem Moment, wo man seine Stimme digital abgibt, wird man aus den Papierwahllisten für das Wahllokal gestrichen. "Deswegen war auch das digitale Wahllokal gestern nur bis 12 Uhr geöffnet – während die analoge Wahl ganz regulär am Sonntag stattfindet", sagt Andi Noll.
Diese Art zu wählen, ist in Frankreich nicht neu. Warum die französischen Nachbarn uns da soweit voraus sind? Andi Noll hat nur Vermutungen. Vielleicht liege es am zentralistisch organisierten Staat. "Das macht die Einführung eines zentralen digitalen Verwaltungsportals schon mal einfacher", sagt er.
Die Situation in Deutschland
Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Entscheidung 2009 Internetwahlen nicht grundsätzlich ausgeschlossen, aber der Bundeswahlleiter ist sehr zurückhaltend. Auch wegen der Wahlgrundsätze in Deutschland: allgemein, frei, gleich und geheim. "Wie will man die Geheimhaltung der Online-Stimmabgabe bei Privat-PCs sicherstellen?" gibt unser Netzreporter zu bedenken. "Aber das ist natürlich auch ein Kritikpunkt an der Briefwahl, bei der man auch nicht kontrollieren kann, ob jemand auf Anweisung eine Partei wählt."
Kulturelle Unterschiede?
Insgesamt gebe es wohl auch kulturelle Unterschiede, vermutet Andi Noll. "Frankreich hat da schon eine andere Tradition. Dort gibt es zum Beispiel auch gar keine Briefwahl, sondern man wählt in Abwesenheit par procuration", sagt er. Das bedeutet: Man beauftragt eine Vertraute oder einen Vertrauten, die für uns die Stimme im Wahllokal abgeben. "Finde ich persönlich sehr gewöhnungsbedürftig, meinen Eltern oder einem Freund zu sagen: Wählt doch bitte XY für mich", sagt unser Reporter. Aber in Frankreich sei das eben normal.