Radikalisierung von Amokläufern und TerroristenNils Böckler über Amokläufe: Es ist eine Popkultur geworden
Der Pädagoge Nils Böckler hat sich intensiv mit Amokläufen und Terroranschlägen beschäftigt und dabei verschiedene Täterprofile ausgemacht.
Laut Nils Böckler ist der Ausgangspunkt ist immer ähnlich: Es sind vor allem junge Menschen an der Schwelle zum Erwachsenwerden, die nach Sinn und Halt suchen. Sie seien besonders empfänglich für Einflüsse und damit anfällig für die Botschaften radikaler Gruppen wie IS oder al-Qaida.
Arid U. sei dafür ein Beispiel, sagt der Pädagoge, der am Institut Psychologie und Bedrohungsmanagement arbeitet. Arid U. hatte im März 2011 am Frankfurter Flughafen einen Mordanschlag auf amerikanische Soldaten verübt. Zwei Soldaten hat er dabei getötet, zwei weitere schwer verletzt. Die Tat gilt als erste islamistisch motivierte Tat mit Mordopfern in Deutschland.
Beispiel Arid U.: Radikalisierung läuft oft nicht still
"Bei Arid hat man von einer stillen Radikalisierung im Kinderzimmer gesprochen", sagt Nils Böckler, "Dabei war die Radikalisierung gar nicht so still". Arid U. war in sozialen Netzwerken unterwegs, hatte Kontakt zu religiösen Gruppen gesucht und seinem Umfeld immer wieder zu verstehen gegeben, dass er einen neuen Weg eingeschlagen hat. Im Februar 2012 wurde er vom Oberlandesgericht Frankfurt zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
"Die Propaganda funktioniert nach den Mechanismen moderner Werbung."
Nils Böckler versucht, die Muster hinter solchen Taten zu erkennen. Radikale Gruppen suchen offenbar gezielt nach Personen, bauen dann eine positive Verbindung zu ihnen auf und erhöhen schließlich den Druck. "Die Propaganda funktioniert nach den Mechanismen moderner Werbung", sagt Böckler.
Terror-Rekrutierer geben Zielpersonen das Gefühl, etwas Besonderes zu sein
Dazu gehört zum Beispiel das Knappheitsprinzip. Das heißt: Die Gruppen geben ihren Zielpersonen zu verstehen, dass sie nur ganz wenige Menschen überhaupt ansprechen und dass es etwas besonderes ist, Mitglied ihrer Gruppe zu sein. Ist die Verbindung erst einmal hergestellt und vertieft, wird schließlich mehr oder weniger direkt zu Taten aufgerufen, erklärt Nils Böckler: "Da werden dann klare Botschaften gesendet: Wie kannst du in deinem Jugendzimmer sitzen, wenn deine Brüder und Schwestern leiden?"
Nils Böckler hat Erziehungswissenschaft und Psychologie studiert und seither an verschiedenen Instituten und im Rahmen unterschiedlicher Forschungsprojekte zu Radikalisierungsprozessen gearbeitet. Am privaten Institut Psychologie und Bedrohungsmanagement leitet er als Unit Manager den Bereich Extremismus und Radikalisierung. In Eine Stunde Talk erzählt er, wie Menschen zu Amokläufern oder Terroristen werden, wie man die Anzeichen erkennen kann und was wir als Gesellschaft dagegen tun können.