OverthinkingWenn wir unsicher sind, wie wir rüberkommen

Bin ich egoistisch? Wirke ich zu stumpf? Nach Treffen und Gesprächen machen derartige Gedanken Eva zu schaffen. Das sei typisch für Jüngere, sagt Psychologin Katrin Rentzsch. Etwas Unempfindlichkeit kann da hilfreich sein, findet ihre Kollegin Denise Ginzburg-Marku.

Habe ich was Dummes gesagt? Habe ich mich zum Affen gemacht? Das denkt Eva häufiger, nachdem sie Leute getroffen und mit ihnen gesprochen hat. Sie sorgt sich auch öfter, dass sie statt zuzuhören, egoistischerweise angefangen hat, über sich zu reden. Besonders schwierig findet sie das bei Leuten, die sich ihr gegenüber öffnen.

"Ich habe Angst, dass mir etwas peinlich sein müsste, was ich jetzt noch nicht auf dem Schirm habe."
Eva, denkt gelegentlich übermäßig über Gesagtes nach

Gelingt es ihr, diese Fragen unmittelbar in der Situation zu klären, lösen sich ihre Sorgen in 99 Prozent der Fälle in Luft auf, so beschreibt sie es. Anderenfalls kann das der Beginn einer Gedankenspirale sein, die Eva dann schließlich um den Schlaf bringt. "Ich versuche solche Sachen anzusprechen", ist deshalb ihre Strategie. Dann ergebe sich diese Zusicherung, dass man eigentlich ein normaler Mensch ist und nicht komisch.

Kontaktfreude zum Studiumsbeginn

Für Eva hat gerade das Studium angefangen, sie möchte neue Kontakte knüpfen und ist am Tag drei schon völlig von der Rolle, wie sie sagt. Mit ihrem Verhalten in der Schulzeit möchte sie brechen. "In der Schule war ich nie der Mittelpunkt von allem", sagt sie.

"Richtung Oberstufe habe ich mir manchmal gewünscht, dass sich Leute ein bisschen mehr für mich interessieren."
Eva, über ihr Verhalten während der Schulzeit

Neben vielen Faktoren kann beim übermäßigen Nachdenken durchaus der Selbstwert bezogen auf sozialen Kontakt eine Rolle spielen, sagt Kathrin Rentzsch. Sie lehrt Psychologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Wackelig durch die Pubertät

Soziale Unsicherheit kann gerade in der Pubertät stärker ausgeprägt sein, als in anderen Lebensphasen. Gleiches gilt für extreme Gefühlsschwankungen.

"In jüngeren Jahren, also gerade in der Pubertät, ist es so, dass man etwas unsicherer ist als im Erwachsenenalter."
Kathrin Rentzsch, lehrt Psychologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt

Einen allgemeinen Tipp für Menschen, die rasch ins Grübeln über ihre Außenwirkung geraten, hat Denise Ginzburg-Marku. Sie empfiehlt sich klarzumachen, dass eine als missglückt empfundene Situation im Nachhinein sich durch Gedanken nicht mehr ändern lässt. "Das Wichtigste ist zu sagen: Der Drops ist jetzt gelutscht." findet sie.

"Über das Denken kann ich jetzt nichts mehr verändern."
Denise Ginzburg-Marku, Psychologin

Grundsätzlich gebe es Menschen, die sehr sensibel sind, was soziale Situationen angeht, bis hin zu Bewertungsängsten. Menschen, die sich viele Gedanken über sich machen. Die Gründe dafür können vielfältig sein: Ausgrenzungserfahrungen und andere belastende soziale Erfahrungen zum Beispiel.

So wie Eva es schon tut, ist es eine gute Idee, sich Feedback zu holen, sagt Denise Ginzburg-Marku. Am Ende könne dann die Erkenntnis stehen, dass die eigenen Gefühle kein guter Ratgeber sind, wie die eigene Außenwirkung gerade ist.

Davon abgesehen können solche selbstbezogenen Gedankenspiralen aber auch bedenkliche Ausmaße annehmen. Wenn sich die Gedanken Tag und Nacht nur noch im Kreis drehen, sei die Suche nach therapeutischer Hilfe angezeigt, sagt die Psychologin.

Hier findest du Hilfe:

Bestimmte Dinge beschäftigen dich im Moment sehr? Du hast das Gefühl, in einer Situation zu stecken, die du nicht alleine klären kannst? Du weißt nicht mehr, wie es weitergehen soll? Hier findest du einige anonyme Beratungs- und Seelsorge-Angebote.