Russland-Ukraine-KonfliktOstukraine: Alarmbereitschaft ist schon Gewohnheit
Europa hat Angst vor einem Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Die Menschen im Osten der Ukraine wiederum vor einem Krieg mit den prorussischen Separatisten – doch das schon seit 2014. Für sie ändert die aktuelle Zuspitzung des Konflikts erst mal nichts.
Seit mittlerweile acht Jahren leben die Menschen in der Ostukraine in ständiger Alarmbereitschaft – vor einem Krieg. Vor ihnen liegen die von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete. Dahinter, an der ukrainisch-russischen Grenze, stehen die russischen Soldaten. Für die Ukrainerinnen und Ukrainer im Osten des Landes ist die Gefahr vor einer Eskalation mit den prorussischen Separatisten, die von Russland unterstütz werden, Alltag geworden.
Keine Panik im Osten
Dass sich der Konflikt aktuell verschärft, nehmen die Menschen in der Ostukraine ernst, sagt Martha Wilczynski, ARD-Korrespondentin für die Ukraine. Panik gebe es aber keine.
"In Kiew haben einige schon Notfalltaschen gepackt, um im Zweifel schnell abhauen zu können. Im Osten sagt man, das wäre hier kein Thema. Man würde jetzt noch nicht auf gepackten Taschen sitzen."
Dass die Lage angespannt ist, ist für die Menschen dort Normalität geworden. Der Konflikt ist allgegenwärtig. Das bedeutet zum Beispiel auch, dass ältere Menschen Tarnnetze für die ukrainische Armee knüpfen. "Sie sagen: Wir können uns selber nicht an den Kämpfen beteiligen. Aber wir wollen alles schützen, um unsere Soldaten, um unsere Jungs, irgendwie zu beschützen", erzählt Korrespondentin Martha Wilczynski.
"Wovor Europa Angst hat, ist ein offizieller Krieg mit Russland. Dass russische Truppen offiziell in die Ukraine einmarschieren. Das, wovon die Ukrainer sprechen, ist der Krieg im Osten der Ukraine, den Russland nicht offiziell führt."
In Kiew, was in der Zentralukraine liegt, packen manche Menschen hingegen schon Notfalltaschen. So möchten sie bereit sein, wenn es doch bald zum Krieg kommt. Wohin man flüchten würde, ist in der ukrainischen Hauptstadt mittlerweile zum Smalltalk-Thema geworden, sagt Martha Wilczynski.
Vor drei Wochen war das noch anders. Zu dem Zeitpunkt hatte die ukrainische Journalistin Daria Meshcheriakova die Lage in Kiew noch als ruhig beschreiben.
In Moskau wiederum hält der Großteil der Russinnen und Russen den Konflikt weiterhin für ein politisches Machtspiel. Einen Krieg mit der Ukraine sei für sie nicht vorstellbar. Vielmehr gehe es um einen Interessenkonflikt zwischen Russland, der Nato und den USA. "Über die Ukraine redet man sogar recht wenig. Es sei denn, es sind Leute, die viel Staatsfernsehen gucken, die natürlich auch dieses Narrativ – die Ukraine würde provozieren – aufnehmen", erklärt sie.