Einkaufen im NetzOnline-Shops: Oft nicht barrierefrei

Dreiviertel der größten deutschen Online-Shops sind nicht barrierefrei. Das hat eine aktuelle Untersuchung herausgefunden. Menschen mit Behinderungen können dort nur sehr schwer oder gar nicht einkaufen.

Zu den beliebtesten Websites in Deutschland gehören 78 Online-Shops. 61 Shops sind nicht barrierefrei. Genauer heißt das: Sie lassen sich nicht ausschließlich mit Tastatur bedienen. Und das ist für viele Menschen – gerade mit Sehbehinderungen – eine Grundvoraussetzung, um eine Internetseite nutzen zu können.

Zu dem Ergebnis kommt eine Untersuchung, an der sich unter anderem Aktion Mensch und die Münchener Stiftung Pfennigparade, die sich für die Interessen behinderter Menschen einsetzt, beteiligt haben.

Online-Shops verlieren Kunden

10 Prozent der deutschen Bevölkerung – das entspricht knapp acht Millionen Menschen – sind auf Barrierefreiheit angewiesen. Hinzu kommen Menschen, die von barrierefreien Websites profitieren, weil sie zum Beispiel Nicht-Muttersprachler*innen sind und Seiten in einfacher Sprache besser verstehen. Wenn man die verschiedenen Gruppen zusammenrechnet sind es etwa 30 Prozent der deutschen Bevölkerung, die beim Online Shoppen benachteiligt werden, wenn Seiten nicht barrierefrei gestaltet sind. Anders formuliert: Ein potenzieller Kundenstamm, den die Shops vielleicht noch gar nicht erreichen.

Fehlendes Problembewusstsein

Die Untersuchung ergibt auch: Ein Viertel der beliebten Online Shops kann zwar ausschließlich mit der Tastatur bedient werden und auch die Textfelder für Eingaben sind richtig beschriftet und somit barrierefrei nutzbar. An anderen Stellen hakt es jedoch noch.

Nur bei 15 Shops gibt es eine Zoom-Funktion um den Text größer anzuzeigen. Auch dynamische Menüs, mit denen man die Größe der Kleidung auswählt waren nur bei 12 Shops richtig beschriftet. Ein Funktion, die wichtig ist beim Klammottenkauf.

Außerdem fehlen bei vielen Seiten einfache Einstellungen wie die Kontrastwerte. Das ist übrigens auch bei vielen Apps der Fall erklärt Erdin Ciplak im ZDF. Er ist mit 2 Prozent Sehkraft fast blind und erzählt von seinem Alltag als "Mr. Blindlife" auf TicToc.

"Es ist nicht schwer, Barrierefreiheit umzusetzen."
Erdin Ciplak, ist als @Mr. Blindlife auf TikTok aktiv

Sabine Lerche vom Hamburger Projekt "Team Usability" sagt, die schleppende Umsetzung liegt am fehlenden Problembewusstsein. Das sei bemerkenswert, da nach einer EU-Richtlinie der Online-Handel in zwei Jahren barrierefrei sein soll. Das gilt für die ganze Branche mit nur wenigen kleinen Ausnahmen für sehr kleine Shops, mit wenig Personal oder weniger als zwei Millionen Euro Umsatz.

Nutzer*innen werden selbst tätig

Es gibt mittlerweile Tools, mit denen Menschen mit Behinderungen Webseiten ihren Bedürfnissen entsprechend anpassen können. Das Startup "Eye-Able" bietet solche Tools an. Der Gründer Oliver Greiner erzählt in der ARD, dass ein Freund wegen einer Sehbehinderung sein Studium abbrechen musste. Jetzt bietet Oliver Greiner seine Software zur besseren Lesbarkeit von Webseiten – vor allem Unis – an

"Einfacher wäre es natürlich, wenn möglichst viele Webseiten und Apps die Barrierefreiheit einfach mitdenken würden. Viel Aufwand bedeutet das meist nicht. Am Ende kommt die bessere Bedienbarkeit allen zu Gute."
Oliver Greiner, Gründer von „Eye-Able“