Nach Hongkong-BeißattackeMark Benecke: Menschenbiss kann gefährlich werden
In Hongkong hat ein Angreifer einem Politiker ein Ohr abgebissen. Nicht der erste öffentliche Fall dieser Art. Boxer Mike Tyson schnappte einst bei einem Kampf erfolgreich nach dem Ohr seines Gegners. Fußballer Luis Suarez ist sogar Wiederholungstäter. Wie oft Menschen beißen und warum das gefährlich werden kann, hat uns Kriminalbiologe Mark Benecke erklärt.
Die Begründung für solche Beißattacken zu finden, fällt auch Mark Benecke schwer. Viele Menschen sagen, dass es sich um einen primitiven Reflex handelt. Der Kriminologe David Wilson von der BBC hat vermutet, der Biss werde durchgeführt, um das Opfer zu kennzeichnen. Das kann sich Mark Benecke sehr gut vorstellen. Aber tieferführende Studien gibt es in dem Bereich nur wenige.
Studie: Viele Bisse durch alkoholisierte Männer
Bei einer Studie aus dem Jahr 2007 haben Forschende in Dublin sich dann doch tatsächlich explizit mit Beißangriffen beschäftigt. Im Zeitraum von 2003 bis 2005 waren 92 Menschen betroffen, die sich im Krankenhaus behandeln ließen. In rund 90 Prozent der Fälle war Alkohol im Spiel. Fast immer, in 96 Prozent der Fälle, hatten Männer zugebissen. Meistens wurde dabei ins Gesicht gebissen. Am beliebtesten: das Ohr.
"In der Hälfte der Fälle wird oben ins Ohr gebissen. Und nur in zwei Prozent der Fälle ins Ohrläppchen. Der Rest geht in die Mitte. Also irgendwie scheint der obere Teil des Ohres das Spannende zu sein."
Ein Problem: Die Gespräche mit den Tätern. Oft könnten diese gar nicht genau rekonstruieren, warum sie in einer Situation zugebissen hätten, sagt Mark Benecke. Dadurch entstünde natürlich Raum für alle möglichen Vermutungen.
Menschenbisse sind gefährlich
Deshalb bleibt Mark Benecke lieber bei biomechanischen Studien. Denn der Menschenbiss kann - außer dem möglichen Verlust von Körperteilen wie dem Ohr - auch sonst gesundheitlich negative Folgen für das Opfer haben. Denn die Bisse eines Menschen sind für uns gefährlicher als die von vielen Tieren, weil sich im menschlichen Speichel Millionen von Bakterien befinden, die von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich sein können. Das heißt, unser Immunsystem ist für diese fremden Bakterien nicht gerüstet - sie können uns krank machen.
"Im menschlichen Speichel sind ungefähr 900 Millionen Bakterien in nur einem Milliliter Speichel. Die ähneln sich bei Menschen kaum, sodass unser Immunsystem sie nicht so gut erkennt."
Interessant sei aber noch, wie fest Menschen zubeißen könnten. Denn eigentlich hat sich unser Gesicht evolutionär so entwickelt, dass wir dort inzwischen weniger Muskulatur haben als unsere Vorfahren. Trotzdem können wir in solchen Situationen für einen kurzen Moment genau so zubeißen wie sie. Da hätte die Menschheit eine merkwürdige Entwicklung genommen, sagt Mark Benecke und wünscht sich für die Zukunft noch mehr bissige Studien.