MeeresbiologinOcean Cleanup könnte spezielles Ökosystem zerstören
Der Ocean Cleanup ist eine Art riesiger Kamm, der über das Meer schwimmt und mit seinen beiden Armen Plastikmüll einsammeln soll. Eine Meeresbiologin warnt jetzt. Das System könnte ein Ökosystem im Pazifik zerstören: die "blaue Flotte".
Noch funktioniert der Ocean Cleanup nicht so, wie sein Erfinder Boyan Slat sich das gedacht hat. Wegen einer Panne musste der Meeresstaubsauger zurück an Land. Ohnehin gab und gibt es Kritiker, die die Funktionalität des Systems zur Säuberung der Ozeane von Plastikmüll anzweifeln.
Die "blaue Flotte" ist bedroht
Die Meeresbiologin Rebecca Helm von der University of North Carolina bläst jetzt ins selbe Horn - und geht sogar noch weiter: Der Ocean Cleanup könnte nicht nur nicht helfen, er könnte sogar ein Ökosystem im Meer zerstören. Und zwar den Lebensraum Neuston, auch genannt die "blaue Flotte".
Dieser Lebensraum befindet sich direkt unter der Wasseroberfläche im Meer und beheimatet Arten wie:
- Schnecken (etwa die Veilchenschnecke Janthina)
- Kleine Quallen (etwa die Segelqualle Velella)
- Die berüchtigte, weil giftige Portugiesische Galeere mit ihren Nesselzellen auf bis zu 50 Meter langen Tentakeln.
Die Biologin und Journalistin Bettina Wurche stimmt Helm zu, auch sie schreibt über die Gefahr für die blaue Flotte.
"Das Problem liegt in der grundlegenden Funktionsweise des Ocean Cleanup."
Der Ocean Cleanup bewegt sich mit seinen Fangarmen, die drei Meter in die Tiefe ragen, durchs Meer. Dabei erzeugt er einen Strudel, der auch Plastik, das tiefer treibt, einsammeln soll. Dadurch wird aber eben nicht nur das Plastik angezogen, sondern auch die ganzen kleinen Lebewesen des Neuston.
Die Kleinstorganismen können selbst nur eingeschränkt manövrieren. Von einem Sog wie dem, der vom Ocean Cleanup erzeugt wird, werden sie unweigerlich mitgezogen. Zusammen mit dem Plastikmüll landen sie dann in den Fangarmen – und werden dort vom Müll zerquetscht.
Zumindest bei der hochgiftigen Portugiesischen Galeere würde das dem ein oder anderen Badeurlauber vermutlich sogar gefallen. Eine Begegnung mit ihren Tentakeln kann für Menschen lebensgefährlich sein. Weil die Polypenhaufen in letzter Zeit auch immer mal wieder im Mittelmeer aufgetaucht sind, wurden sicherheitshalber sogar ganze Badestrände gesperrt.
Blaue Flotte ist noch nicht richtig erforscht
Bis zu 90 Prozent der Kleinstlebewesen unter der Wasseroberfläche könnten zerstört werden, glaubt die Meeresbiologin Rebecca Helm.
"Die Expertin geht davon aus, dass der Ocean Cleanup bis zu 90 Prozent der blauen Flotte zerstören könnte, wenn er flächendeckend eingesetzt werden würde."
Die Wissenschaftlerin Rebecca Helm hat Ocean Cleanup über ihre Vermutung informiert. Das Unternehmen hat geantwortet, sie hätten sich ausführlich mit den Auswirkungen auf alle relevanten Lebensformen auseinandergesetzt. Zum Neuston gebe es aber keine belastbaren Daten.
Das sei kein Wunder, sagt Rebecca Helm. Es gebe noch keine Mittel und Wege, so ein Ökosytem wie das Neuston vernünftig in Zahlen zu fassen. Es wird also ziemlich schwer nachzuvollziehen sein, wie der Ocean Cleanup die blaue Flotte beeinflussen wird.
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