Anwalt der NSU-Opfer zu Beate Zschäpe"Das waren Worte ohne inhaltlichen Wert"
Von Bedauern und aufrichtigem Mitgefühl war in Beate Zschäpes Schlusswort die Rede, das sie am 3. Juli 2018 im Rahmen des NSU-Prozesses gehalten hat. Den Angehörigen der Opfer bringe das nur wenig, sagt Mehmet Daimagüler, Anwalt von Nebenklägern im NSU-Prozess.
Mehmet Gürcan Daimagüler vertritt seit 2012 Angehörige von zwei Opfern. Für ihn haben Beate Zschäpes Worte kein Gewicht. Sie habe keine inhaltlichen Fragen beantwortet, die für die Angehörigen der Opfer wichtig seien. Einfach nur Bedauern auszudrücken, sei zu wenig.
"Das waren alles Worte ohne inhaltlichen Wert."
Dabei hätte eine umfassende Aussage nicht unbedingt von Nachteil für Beate Zschäpe sein müssen. Der Angeklagte Carsten S. hat das beispielsweise getan und Mehmet Gürcan glaubt, dass der Angeklagte im Nachhinein davon profitieren könnte.
Langer schmerzhafter Prozess
Für die Angehörigen selbst, die im Gerichtsaal auf recht engem Raum mit den Angeklagten konfrontiert waren, sei der Prozess sehr schwer gewesen, sagt Mehmet Daimagüler. Sie hätten diese Zeit mit Würde ertragen.
"Das war sehr schwer für diese Menschen, aber sie haben das mit einer Würde ertragen, die man selber kaum nachvollziehen kann."
Prozessende ohne Ergebnis
Am 11. Juli 2018 soll nach fünf Prozessjahren das Urteil gegen die Beschuldigten verkündet werden. Mehmet Gürcan zeigt sich einerseits erleichtert, andererseits sind für ihn die großen Fragen unbeantwortet geblieben.
"Ich bin Muslim, aber wenn das Urteil da ist, gehe ich in die nächste Kirche und zünde drei Kerzen an."
Das sind Fragen wie: Welche Rolle spielen die Verfassungsschutzbehörden? Wieso wurden Akten gelöscht? Wir groß war der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) wirklich? Wer waren Helfershelfer? Im NSU-Prozess konnten hierzu keine Antworten gefunden werden.
"Wir haben seit anderthalb Jahren keine neuen Erkenntnisse mehr, nur noch prozessuale Manöver der Verteidigung."
Aus diesem Grund hat Mehmet Daimagüler eine Staatshaftungsklage eingereicht. Das ist eine Zivilklage bei der es um die staatlichen Taten und Versäumnisse geht. In der Hoffnung, dass nach Prozessende noch Antworten gefunden werden.
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