NotfallverhütungSo stigmatisiert ist die Pille danach

Wenn das Kondom gerissen ist oder man die Pille vergessen hat, kann die "Pille danach" das Risiko einer Schwangerschaft deutlich verringern. Vorausgesetzt, das Medikament wird rechtzeitig eingenommen. Seit 2015 gibt es in Deutschland die "Pille danach“ rezeptfrei in der Apotheke, aber sie ist immer noch stigmatisiert.

Immer wieder kommt es vor, dass Menschen, die die "Pille danach" kaufen wollen, belehrt oder abgewertet werden. Oder das Medikament erst gar nicht bekommen. So ging es zum Beispiel Tora (Name geändert). Sie wollte nach einem Verhütungs-Unfall mit gerissenem Kondom die "Pille danach" in der Apotheke holen. Stattdessen wurde sie zu ihrer Gynäkologin geschickt, die ihr aber kein Rezept für die Pille danach ausgestellt hat, sondern ihr geraten hätte, auf die nächste Periode zu warten.

Tora hatte Glück und ist nicht schwanger geworden. Aber seit diesem Erlebnis hat Tora Probleme, wieder entspannt Sex zu haben – aus Angst davor, dass sich die Situation wiederholt. Sie war damals aber auch richtig sauer.

"Man hat mir die "Pille danach" ohne erkennbaren Grund verweigert. Das hat mein Vertrauen in mein Gegenüber in der Beziehung schon geschmälert."
Tora

Ein ähnliches Erlebnis hatte auch Sarah (Name geändert) nach einer Verhütungspanne. Ihr wurde die "Pille danach" in der Apotheke zwar verkauft. Allerdings nur unter der Bedingung, dass sie das Medikament vor Ort einnimmt. Das sollte laut den Handlungsempfehlungen zur "Pille danach" der Deutschen Apothekerkammer aber überhaupt keine Bedingung für die Abgabe sein. Sarah hat das Medikament dann tatsächlich vor Ort eingenommen, damit sie die Tablette überhaupt bekommt, hat sich dabei aber total bevormundet gefühlt.

"Dass man mir nicht zutraut, die Pille einzunehmen, wie man sie einnehmen sollte: Zuhause in einer privaten Atmosphäre, in der ich mich wohlfühle, das war schon unfair."
Sarah

Kritiker*innen der rezeptfreien Abgabe der "Pille danach" argumentieren damit, dass ein vereinfachter Zugang zu dieser Form der Notfallverhütung dazu führen könnte, dass sie leichtfertig genommen wird. Richtig ist: Seitdem diese Pillen rezeptfrei erhältlich sind, ist der Absatz gestiegen.

Das Missbrauchsrisiko gilt als gering

Trotzdem sei das Missbrauchsrisiko sehr gering, sagt die Ärztin Katharina Rohmert, die beim Verein Pro Familia zu Themen wie Gesundheit und Sexualität berät. Sie sagt: Die Frauen, die zu ihr kommen, informieren sich über Vor- und Nachteile und schätzen ab, ob sie das Medikament wirklich brauchen.

"Leichtfertig nimmt keine Frau die Pille danach ein. Die Kosten sind oft eine Hürde, aber das Missbrauchsrisiko schätzen wir fast gegen null ein."
Katharina Rohmert, Ärztin, Bundesverband Pro Familia

In dieser Episode Eine Stunde Liebe spricht Tora darüber, wie es ihr ging, als sie auf ihre Periode gewartet hat. Sarah beschreibt, mit welchem Gefühl sie im Nachhinein auf ihr Erlebnis in der Apotheke zurückblickt. Außerdem blicken wir auf eine Studie zur Abgabe der "Pille danach" und klären, wie das Medikament überhaupt wirkt und wie lange man es nach dem Sex einnehmen kann.