Nichts verpassen wollenPsyche - wenn uns FOMO Druck macht
Jan hat ständig Angst, etwas zu verpassen. Die FOMO beeinflusst seinen Alltag extrem, oft lässt er die Uni schleifen, um etwas mit seinen Leuten zu unternehmen. Die psychologische Psychotherapeutin Daniela Röttinger forscht zur Fear of Missing Out und weiß, was sie auslöst. Und weshalb Social Media sie verstärkt.
Jan ist Student und war vor kurzem krank. Er lag also zuhause im Bett, während seine Kumpels auf einer Party gefeiert haben, die er auch noch vorgeschlagen hatte. Das war echt hart für ihn. "Ich habe dann natürlich Fotos, Anrufe und Videobotschaften bekommen. Und das war schon sehr böse", sagt er.
"Ich kann mich daran erinnern, dass ich Frauen gedatet habe und es dann Streit gab, weil ich das Treffen mit Ihnen beenden wollte, um mit Freunden noch irgendwohin hinzugehen."
Jan hat schon Dates abgebrochen, weil er unbedingt noch mit Freunden etwas unternehmen wollte. Seine Angst wird oft verstärkt durch Social Media. Zum Beispiel wenn er Fotos mit Schnee und Bergen von anderen sieht, die im Skiurlaub sind. Denn er geht selber sehr gerne Skifahren, hat allerdings nicht oft die Gelegenheit dazu.
"Wenn ich sehe, dass andere mit ihrer Familie oder ihren Freunden in den Skiurlaub fahren, da habe ich schon krasse Angst, den Skiurlaub zu verpassen.", sagt Jan.
Eine Möglichkeit wäre es, das Handy einfach zur Seite zu legen und gar nicht erst zu schauen, was die anderen machen und was alles sonst noch so los ist. Aber das bekomme er nicht hin, sagt Jan.
Formen der Fear of Missing Out
Daniela Röttinger ist psychologische Psychotherapeutin und erklärt, dass hinter FOMO oft die Angst steckt, eine soziale Erfahrung zu verpassen. "Eine Bindungserfahrung, eine soziale Verbundenheit mit anderen Menschen", sagt sie. In diesem Zusammenhang bestehe die Angst, dass die Sicherheit einer Beziehung infrage gestellt werden könnte.
In der Wissenschaft wird zwischen zwei FOMO-Varianten unterschieden: Einerseits FOMO, das zur Persönlichkeit einer Person gehört. Die Trait Fear of Missing Out äußert sich über die Zeit hinweg immer wieder in unterschiedlichen Situationen.
Die Andere Art von FOMO – die State Fear of Missing Out – tritt eher in bestimmten Momenten auf, in denen wir plötzlich feststellen: Oh, da habe ich etwas verpasst oder ich könnte etwas verpassen. Meist wird sie ausgelöst durch Social Media, wenn wir mitbekommen, dass eine Situation ohne uns stattfindet. Beiden Formen von FOMO können allerdings auch gleichzeitig auftreten.
"Je mehr wir von diesen Ängsten haben, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir Soziale Medien besonders schädlich konsumieren."
Instagram, Tiktok und andere Soziale Medien spielen eine große Rolle bei der Angst, etwas zu verpassen. Denn natürlich machen sie es erst möglich, dass wir quasi live mitbekommen, was alles gleichzeitig passiert, während wir zum Beispiel arbeiten oder in der Bibliothek sitzen und lernen. Vor allem aber kann FOMO auch dazu führen, dass wir Social Media exzessiv nutzen – in einem Maße, das die Psychotherapeutin als ungesund bezeichnet.
"Es kann bei einer Person stärker und bei anderen schwächer ausgeprägt sein."
Mögliche Folgen sind, dass Menschen depressiver oder ängstlicher werden – als sie es eh schon sind. Und das sind dann auch Symptome, wo Daniela Röttinger als psychologische Psychotherapeutin ansetzen kann, um mit Klient*innen daran zu arbeiten.
Sie ist spezialisiert auf Verhaltenstherapie und würde mit einer betroffenen Person zunächst versuchen, herauszufinden, worin die persönlichen Verpassensängste genau begründet sind.