NeurowissenschaftHirnscans zeigen Unterschiede bei politischen Einstellungen
"Zeig mir deinen Hirnscan und ich sage dir, wie du wählst." Forschende aus den Niederlanden stellen genau diesen Zusammenhang her. Die Wissenschaftler sagen, dass gleich mehrere Hirnregionen Einfluss auf das Wahlverhalten haben.
Eine neurowissenschaftliche Studie aus den Niederlanden hat untersucht, wie Hirnregionen mit der politischen Einstellung von Menschen zusammenhängen könnten. Über 1.000 junge Erwachsene aus allen Bevölkerungsschichten zwischen 19 und 26 Jahren wurden mit Hirnscans untersucht.
Dazu kam ein Fragebogen zu ihrer politischen Einstellung. Diese neuen Ergebnisse bestätigen teilweise eine frühere Studie aus Großbritannien, bringen aber auch neue Erkenntnisse hervor.
Größere Amygdala bei konservativen Einstellungen
Die Forschenden hatten ein bestimmtes Gebiet im Gehirn, die Amygdala, im Visier. Britta Wagner aus den Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten erklärt: "Die Amygdala ist wichtig für die Verarbeitung von negativen Emotionen und Bedrohungen sowie für das Lernen und Akzeptieren von sozialer Hierarchie." Laut der Studie war diese Hirnregion bei Menschen mit einer konservativen Einstellung etwas größer.
"Die Amygdala ist wichtig für die Verarbeitung von negativen Emotionen und Bedrohungen sowie für das Lernen und Akzeptieren von sozialer Hierarchie."
Ein Erkläransatz: Menschen, die konservative Parteien wählen, legen mehr Wert auf Sicherheit und Schutz vor Bedrohungen, sie wollen vielleicht auch das aktuelle soziale Gefüge bewahren. Das sei ja der Kern der Bedeutung von konservativ, sagt Britta Wagner.
"Von der Größe her ist es zwar nur ein Sesamkorn mehr, aber das bedeutet Tausende Nervenzellen – und könnte durchaus einen Effekt haben."
"Von der Größe her ist es zwar nur ein Sesamkorn mehr, aber das bedeutet Tausende Nervenzellen – und könnte durchaus einen Effekt haben", erläutert Britta Wagner.
Neue Hirnregionen im Fokus
Während frühere Studien bereits eine Verbindung zur Amygdala nahelegten, identifizierte die neue Untersuchung eine weitere Hirnregion, die in der älteren britischen Studie noch keine Rolle spielte. Diese Region, die für die Gesichtserkennung zuständig ist, war bei konservativ eingestellten Personen ebenfalls größer. "Was genau hinter dieser Entdeckung steckt, ist noch unklar. Es könnte etwas mit Vorurteilen gegenüber fremden Gesichtern zu tun haben, aber das bleibt spekulativ", erklärt Britta Wagner.
Neurobiologie und politische Einstellung – ein komplexes Zusammenspiel
Die Forscher warnen allerdings davor, zu simple Schlüsse aus den Ergebnissen zu ziehen. Britta Wagner betont: "Das Studienteam warnt selbst vor Stereotypen und Vereinfachungen."
"Das Studienteam warnt selbst vor Stereotypen und Vereinfachungen."
Politische Einstellungen seien ein extrem komplexes Phänomen, das nicht allein durch Unterschiede im Gehirn erklärt werden könne. Weitere Forschung sei nötig, um die genauen Zusammenhänge besser zu verstehen.