Neues ÜberwachungsgesetzStaatstrojaner im Antiterrorkampf
Jetzt können Ermittler auch verschlüsselte Nachrichten in den Messenger-Diensten mitlesen. Kritiker sehen in dem neuen Überwachungsgesetz einen Verstoß gegen die Grundrechte und bezweifeln, dass der Fahndungserfolg damit erhöht wird.
Der Kriminologe Nils Zurawski von der Universität Hamburg ist eindeutig in seinem Urteil über das neue Überwachungsgesetz: "Es ist nicht zielführend und es werden damit weitere Rechte untergraben".
"Es steht vollkommen in den Sternen, ob das Gesetz so effektiv ist, wie sie meinen."
Das Gesetz verhilft den Ermittlern nur herauszufinden, wer mit wem kommuniziert, deshalb würden sie noch nicht in die Lage versetzt werden, einen Terroranschlag zu verhindern, argumentiert der Kriminologe. Denn Terroranschläge beispielsweise von Einzelattentätern würden eventuell auf ganz anderen Wegen gesteuert werden.
Mit der Menge an gewonnenen Daten aus der Überwachung gleiche die Suche eher der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Der Wunsch mehr zu Überwachen sei nicht neu, sagt der Kriminologe, aber die Reihe der vergangenen Anschläge mache es den Ermittlungsbehörden einfach, dafür zu argumentieren. Nils Zurawski hält den Fahndungserfolg aufgrund von einer Unmenge an gewonnen, unstrukturierten Daten für unrealistisch. Genauso sieht der Kriminologe auch das Abhören von Telefon und SMS auf reinen Verdacht. Das sei nicht zielführend und verletze grundsätzlich die Privatsphäre.
"Die ganze Gesellschaft wird als Geisel genommen für den Anti-Terrorkampf."
Dabei müsse man sich vor Augen halten, sagt der Kriminologe, dass die letzten Attentäter wie Anis Amri den Ermittlern bekannt waren. Insofern scheinen sie mit ihren bisherigen Methoden bereits erfolgreich zu sein.
"Bei Anis Amri ging alles andere schief, nicht dass sie denn Mann kannten. Selbst die Täter vom 11. September hatte man zum Teil vorher auf dem Schirm."
Seit dem 11. September 2001 würde uns erzählt werden, dass wir noch diese oder jene Gesetzesausweitung brauchen, um mehr Sicherheit und bessere Fahndungserfolge zu haben. Der Kriminologe spricht sich durchaus dafür aus, wenn ein hinreichender Verdacht gegen eine Person besteht, im Rahmen der Strafermittlung auch die Kommunikation der verschlüsselten Messenger-Dienste hinzuzuziehen. Dieses Verfahren mit richterlicher Genehmigung gibt es schon seit vielen Jahren.
Offene Debatte über Freiheitsrechte und deren Einschränkungen
Wenn aber das Ziel der Ermittlungsbehörden ist, im großen Stil zu überwachen, dann müsse eine offene Debatte darüber geführt werden, wie viel Freiheit und wie viel Privatsphäre wir brauchen und wollen, anstatt pauschal zu sagen: "Wir lassen uns nicht in unseren Freiheitsrechten einschränken und der Terror ändert nicht unseren Lebensstil."