Erste E20-TankstelleNeuer Bio-Sprit bringt weniger, als er verspricht

Zum ersten Mal gibt es den neuen Bio-Sprit E20 an einer öffentlichen Tankstelle in Deutschland. Das neue Benzin gilt als Hoffnungsträger, was umweltbewussteres Tanken angeht. Unterm Strich lässt die Ökobilanz aber zu wünschen übrig.

In Mannheim ist ein Modellprojekt gestartet: An einer öffentlichen Tankstelle können Autos jetzt Super E20 tanken. Das ist ein Kraftstoff, der mehr Bioethanol enthält als andere Kraftstoffe. Heißt: Er soll auch besser für die Umwelt sein und so zu mehr Klimaschutz in Deutschland beitragen. Das Ganze ist aber erstmal nicht für die breite Öffentlichkeit. Nur ausgewählte Fahrzeuge von bestimmten Herstellern können den neuen Bio-Sprit tanken.

Nur wenig Klimaschutz mit Bioethanol

Im Detail besteht der Kraftstoff aus 80 Prozent Benzin und 20 Prozent Bioethanol. Das ist ein Alkohol, der entsteht, wenn man Zuckerrüben oder Getreide vergärt. Wenn man diesen Anteil an Ethanol beim Fahren verbrennt, stößt das Auto trotzdem CO2 aus. Dieses CO2 wurde aber vorher schonmal durch die Zuckerrübe oder das Getreide während des Pflanzenwachstums aus der Atmosphäre gezogen.

"Und demensprechend ist das dann, wenn man's verbrennt, so ne Art Nullsummenspiel in Bezug auf die CO2-Bilanz."
Gregor Lischka, Deutschlandfunk-Nova-Wirtschaftsreporter

Im Verkehrsbereich lässt sich so also CO2 einsparen. Das geht auch schon mit E10. Dieser Kraftstoff enthält bis zu zehn Prozent Bioethanol. Das spart laut Angaben der Bioethanolwirtschaft aktuell etwa drei Millionen Tonnen CO2 ein – also im Vergleich zum Verbrennen von reinem Benzin. Allerdings machen diese drei Millionen Tonnen CO2 insgesamt gerade mal zwei Prozent der Emissionen im Verkehrsbereich aus. Mit E20 könnte man mehr einsparen.

ADAC befürwortet E20-Sprit

Deswegen ist der ADAC auch erfreut über dieses neue Tankstellenprojekt. Wenn E20 Erfolg hat, könnte man die Treibhausgas-Emissionen beim Autofahren "unkompliziert weiter reduzieren", heißt es.

Der VCD, der Verkehrsclub Deutschland, der sich für eine umwelt- und sozialverträgliche Verkehrswende einsetzt, ist da deutlich skeptischer. Deren Verkehrspolitischer Sprecher Michael Müller-Görnert findet zum Beispiel, dass es zu viele Biokraftstoffe gibt.

"Wir brauchen eigentlich einen Rückgang bei den sogenannten Biokraftstoffen, die in Wahrheit ja gar nicht bio sind, anstatt jetzt noch irgendwelche Wolkenkuckucksheime zu bauen mit E20, das ja noch einen höheren Anteil an Agrokraftstoffen hat."
Michael Müller-Görnert, Verkehrspolitischer Sprecher VCD

Dem Verkehrsexperte kritisiert, dass viele ökologische Kosten nicht in die Nachhaltigkeitsbilanz dieser Treibstoffe miteingerechnet werden. Dazu gehört das CO2, das etwa durch Logistik, Transport und Anbau von Getreide und Zuckerrüben für den Sprit anfällt.

Wie man besser CO2 einspart

Wenn es einem um den Klimaschutz geht, könnte man die Flächen, die zurzeit für die Produktion von Treibstoffen blockiert werden, auch anders nutzen, sagt unser Reporter Gregor Lischka. Sie könnten beispielsweise renaturiert werden. Also es könnten dort Pflanzen wachsen, die dauerhaft CO2 binden.

"Oder Solarmodule auf die Flächen packen. Das wäre tatsächlich für die CO2-Bilanz deutlich besser, als die Pflanzen in den Tank zu schmeißen und beim Fahren zu verbrennen. Das belegen auch verschiedene Studien."
Gregor Lischka, Deutschlandfunk-Nova-Wirtschaftsreporter

Auch der Flächenverbrauch ist ein großes Problem. Der Agrarwissenschaftler Martin Qaim von der Uni Bonn hat für eine Stellungnahme in einem Ausschuss des Deutschen Bundestages illustriert, wie viele Flächen wir für die Herstellung von Agrokrafstoffen benötigen. Er kommt zu dem Ergebnis: Selbst wenn wir alle deutschen Ackerflächen für Biosprit nutzen würden, könnten wir damit nur 25 Prozent der fossilen Kraftstoffe im Verkehr ersetzen.

"Das zeigt schon, was das für wahnsinnige Ressourcen sind, die wir zum Teil aus der Landwirtschaft abziehen, nur um sie für Agrokraftstoffe zu verwenden, die im Vergleich zu anderen Nutzungen eine fragwürdige Öko-Bilanz haben", meint unser Reporter Gregor Lischka.

Langsam Autofahren spart auch CO2

Wer auf das Auto angewiesen ist, kann trotzdem seinen Beitrag leisten, die CO2-Bilanz zu verbessern. Eine Sache, die auf jeden Fall hilft: langsamer Fahren. Wer zum Beispiel statt 130 auf der der Autobahn 110 oder 120 fährt, kann auch so ganz einfach CO2 einsparen - zumal der neue E20-Kraftstoff ohnehin noch nicht für alle verfügbar ist.