Neue KinoleinwandRiesenfernseher mit 26 Millionen LEDs
Filmromantiker werden das nicht so gerne hören. In Esslingen gibt es jetzt die erste Kinoleinwand, die ohne Projektor funktioniert. Das Bild kommt mithilfe kleiner LEDs direkt aus der Leinwand.
Projektion war gestern. Die Leinwand im Kino Traumpalast in Esslingen bei Stuttgart ist im Prinzip ein riesiger Fernseher. Die Technik, mit winzig kleinen Leuchtdioden ein Bild zu erzeugen, gibt es bei Fernsehen schon länger. Bis jetzt aber noch nicht in dieser Größenordnung: Über zehn Meter breit und fünfeinhalb Meter hoch ist die Leinwand in Esslingen. Sie besteht aus mehr als 26 Millionen einzelnen LEDs, die sich auf rechteckigen Modulen befinden, die zu der großen Leinwand zusammengesteckt wurden.
Mehr Kontrast, mehr Präzision
Das Bild der LED-Leinwand soll deutlich besser sein, erklärt Sebastian Sonntag von Deutschlandfunk Nova: besser für Augen und Hirn der Rezipienten und mit längerer Lebensdauer. Im März hat der Leinwandhersteller Samsung bereits in Zürich die erste LED-Leinwand in ein Kino eingebaut. Die technischen Vorteile hat Kinobetreiber Eduard Stöckli im Schweizer Fernsehen erklärt.
"Über die ganze Lebensdauer der Leinwand bleibt das Bild gleich gut und präzise. Die 3-D-Technik ist viel ruhiger und stabiler, das ist angenehmer für das Auge und das Hirn."
Die 4-K-Auflösung macht ein gestochen scharfes HDR-Bild möglich. HDR steht für High Dynamic Range, also für eine Darstellung mit hohem Kontrast.
Technisch dem Beamer überlegen
Gerade was den Kontrast angeht, schlägt die LED-Leinwand jeden Beamer um Längen. Das liegt vor allem daran, dass die LED-Leinwand zehn mal heller ist als normale Kino-Projektoren. Deshalb kann man auch in dunklen Szenen noch jedes Detail erkennen. Und deshalb ist schwarz auch richtig schwarz. Auch weil es eben keine Lichtstrahlen mehr im Saal gibt durch die Projektion.
"Wir haben keine Projektionsstrahlen mehr im Raum. Wir haben jetzt endlich das 'cinema obscure', von dem die Kinorealisatoren geträumt haben: einen dunklen Raum mit einer beleuchteten Leinwand."
Der Film werde zum Zentrum des Erlebnisses, nicht mehr das Außenherum des Kinosaales, so Stöckli. Zumindest optisch trifft das zu – wenn neben euch jemand sitzt, der ununterbrochen mit der Chipstüte raschelt, dürfte es schwer sein, den Kinosaal zu vergessen, mutmaßt Sebastian Sonntag von Deutschlandfunk Nova.
Mehr Geld pro Vorstellung
Was so eine LED-Leinwand kostet, ist nicht bekannt. Der Kinobetreiber in Esslingen hat aber für die komplette Renovierung des neuen Kinosaals ungefähr eine Million Euro ausgegeben, inklusive LED-Leinwand. Günstig ist das Ganze also keinesfalls – die Betreiber versprechen sich allerdings diverse Vorteile im Betrieb:
- Die Betreiber können sich den Projektionsraum sparen und somit mehr Sitzreihen einbauen, also Kinotickets verkaufen
- Da es keinen Projektionsstrahl mehr gibt, vor dem die Leute sitzen könnten, lassen sich auch die Sitze viel steiler im Raum anbringen – das schafft zusätzlich Platz
- Die LED-Wand soll mindestens elf Jahre im Dauerbetrieb durchhalten
- Wenn doch mal was kaputt geht, lassen sich einzelne Module austauschen
- Die Betriebskosten sind ähnlich hoch wie bei einem Projektor
Viele Leute, die schon einen Film auf der LED-Leinwand angeschaut haben, sprechen von einem guten Erlebnis. Sie loben die satten Farben, die Schärfe und den Kontrast der Bilder.
Nachteile: Größe, Sound, Ticketpreise
Im Vergleich zu vielen neuen Kinos sind die LED-Leinwande allerdings (bisher) verhältnismäßig klein, bemängelt Sebastian Sonntag. Für den einen oder anderen komme deshalb möglicherweise noch mehr Kinoerlebnis auf, wenn sie oder er sich einen Film auf einer Riesenleinwand mit Laserprojektor anschaut – auch wenn das Bild deutlich schlechter ist.
Ein weiterer Nachteil ist der Sound. Bei herkömmlichen Leinwänden stehen die Boxen hinter der Leinwand. Das geht bei der LED-Leinwand nicht, deshalb müssen wie sie rund um die Leinwand positioniert werden. Für Menschen mit feinen Ohren klingt das nicht so gut, gerade was den Bass angeht.
Der Kinobetreiber in Esslingen lässt sich die neue Leinwand außerdem noch mal extra mit zwei Euro pro Vorstellung bezahlen. LED-Kino plus 3D könnte also ein ziemlich teurer Spaß werden.
Eines ist aber klar, glaubt Sebastian Sonntag: Die Vorteile sprechen für die neue Technik und vermutlich wird es nicht lange dauern, bis in Deutschland weitere LED-Kinos aufmachen.
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