NetzkulturLasset uns tweeten!
Der Papst postet auf Twitter: "Hütet euch vor der Bequemlichkeit! Wenn wir es uns bequem machen, vergessen wir leicht die anderen." Lässt jetzt auch das Oberhaupt der katholischen Kirche seinen Social-Media-Manager auf Twitter los, weil man das heutzutage so macht? Und sonst spielt Spiritualität im Netz keine Rolle? Vom fliegenden Spaghetti-Monster vielleicht mal abgesehen? Von wegen. Alle großen Religionen nutzen das Netz. Und was macht das mit den Religionen und den Gläubigen?
Eine kleine Netzrecherche...
Es gibt: katholisch.de, evangelisch.de, jesus.de, I love Allah.com. Wer die Facebook-Gruppe "Jesus Daily" besucht, kann sich dort ein Video ansehen, in dem eine crack-abhängige Prostituierte unter Tränen berichtet, wie der Lord himself sie errettet hat. Und im Blog der Hannoveraner Pastorin Pastorsandy kann man lesen, dass die sich neben ihrem Job zur Sommeliere ausbilden lässt und ansonsten gerne auf Konzerte von Gossip und Animal Collective geht.
Schlachtvieh für den Gang nach Mekka per Klick
Und dann sind da die online-Synagogen und amen.de, wo bislang fast 600.000 Gebete vermittelt wurden, unter der Überschrift "anonym und doch persönlich". Es gibt Apps, die die Beichte organisieren, Seiten vermitteln Wünsche und Sorgen nach Jerusalem, wo sie ausgedruckt und auf Zetteln in die Klagemauer gesteckt werden. Per Klick können Gläubige Schlachtvieh für den Gang nach Mekka opfern, als Buddhistin die digitale Gebetsmühle anschmeißen und als Hindu ein Ritual in einem indischen Tempel ordern.
Mehr als 100 Bibelausgaben online
Es gibt mit Schwesta Robusta auch einen theologischen Comicblog oder die Facebook-Gruppe "Hijab is my diamond", in der erklärt wird, wie sich Gläubige den Kopf züchtig-modisch bedecken. Google digitalisiert die Rollen von Qumran, es gibt mehr als 100 Bibelausgaben online zu lesen. Bei Bedarf auch das ägyptische Totenbuch, die Veden oder den Koran.
"Go tell it on the mountains" jetzt online?
Kurz zusammengefasst - es ist eine ganze Menge Religiosität auch im Netz zu Hause. Eine Bremer Religionswissenschaftlerin ist sogar überzeugt, Pornos und die katholische Kirche seien die ersten Siedler im offenen Netz gewesen. Aber was macht das Netz mit Religion? Und welche Bedeutung messen die Religionen dem Netz bei? Funktioniert "go tell it on the mountains" jetzt online? Und kann ein Sakrament auch in Form von Nullen und Einsen gespendet werden?
Fragen über Fragen
Viele davon hat Katja Weber von DRadio Wissen am 25.2.2015 im Digitalen Salon mit folgenden Gästen besprochen:
- Daniel Alter, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin
- Kerstin Radde-Antweiler, Religionswissenschaftlerin, Uni Bremen
- Akif Şahin, Blogger und Journalist, Hamburg
- Frithjof Timm, theologischer Referent und Social Media Manager des House of One, Berlin
Eine inspirierende Diskussion. Für alle mit Netzanschluß. Auch für die ohne Glauben.