HolocaustAdolf Eichmanns Flucht nach Argentinien
1961 wird Adolf Eichmann in Israel der Prozess gemacht - 16 Jahre nach Kriegsende. Zuvor hatte der Organisator und Vollstrecker des Holocaust zehn Jahre lang unbehelligt als "Ricardo Klement" in Argentinien gelebt. Eine Stunde History über die Flucht eines Massenmörders.
Es ist ein unscheinbarer Mann, der zwischen April und Dezember 1961 hinter einer Panzerglasscheibe den Richtern des Jerusalemer Bezirksgerichts Rede und Antwort steht. Den Zuschauern stockt der Atem, als Adolf Eichmann auf die Frage, ob er seinen eigenen Vater umgebracht hätte, wenn seine Vorgesetzten es befohlen hätten, mit "Ja" antwortet. Viele fragen sich, ob dieser Mann "nur" willfähriger Bürokrat ist oder ein furchtbarer Nazi, der den Völkermord an den Juden aus voller Überzeugung ins Werk gesetzt hat.
Adolf Eichmann: Organisator und Vollstrecker des Holocaust
Adolf Eichmann wird 1906 in Solingen geboren, schafft weder einen Schul- noch einen Ausbildungsabschluss. In jungen Jahren zieht er nach Österreich, wo er Ernst Kaltenbrunner kennenlernt, der später als Chef des Reichssicherheitshauptamtes und der Sicherheitspolizei sein Vorgesetzter wird.
1932 wird Eichmann Mitglied der österreichischen NSDAP. Nach deren Verbot wechselt er nach Bayern, wo er an einer paramilitärischen Ausbildung der SS teilnimmt. 1934 meldet er sich freiwillig beim Sicherheitsdienst der SS in Berlin. Eichmann arbeitet sich innerhalb des Sicherheitsdienstes hoch und beschäftigt sich bald mit der "Auswanderung" von Juden – was nichts anderes als deren Vertreibung aus Deutschland bedeutet.
1938 und 1939 baut er in Wien und Prag die "Zentralstelle für jüdische Auswanderung" aus und wechselt schließlich 1941 als Leiter des Referats IV B 4 ins Reichssicherheitshauptamt. Dort ist er für die Deportation der Juden aus Deutschland und aus den von Deutschland besetzten Ländern in die Vernichtungslager zuständig. Adolf Eichmann ist der Organisator und Vollstrecker des Holocaust.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Die Historikerin Bettina Stangneth hat das Buch "Eichmann vor Jerusalem – Das unbehelligte Leben eines Massenmörders" geschrieben. Sie berichtet vom Leben Adolf Eichmanns vor dem Prozess in Jerusalem.
- Raphael Gross, Präsident der Berliner Stiftung Deutsches Historisches Museum, beschreibt, wie der Prozess gegen Adolf Eichmann 1961 in Israel wahrgenommen wurde.
- Gerald Steinacher, Historiker an der University of Nebraska-Lincoln, hat sich mit "Nazis auf der Flucht", so der Titel eines seiner Bücher, beschäftigt. Er erklärt, wie es Adolf Eichmann gelingen konnte, von Deutschland nach Argentinien zu fliehen.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Dr. Matthias von Hellfeld schildert Adolf Eichmanns Karriere als überzeugter Nazi und unterwürfiger Bürokrat, der den Holocaust "organisiert" hat.