NahostkonfliktDie Kämpfe halten an: Anat und Nidal erzählen vom Ausnahmezustand
Die Kämpfe zwischen Israel und militanten Palästinensern gehen unvermindert weiter. Ein Ende der Angriffe ist nicht absehbar. Bei den Gefechten wurden seit dem 10. Mai zehn Israelis getötet; auf palästinensischer Seiten starben mehr als 190 Menschen. Auslöser der jüngsten Eskalation war unter anderem die drohende Zwangsräumung palästinensischer Wohnungen in Ost-Jerusalem. Wie lebt es sich mitten in diesem Konflikt? Anat und Nidal erzählen von ihrem Alltag, der nichts mehr von einem normalen Leben hat.
Anat ist jüdische Israelin und wohnt in Giv’atajim, einer kleinen Stadt in der Nähe von Tel Aviv. Der aktuelle Konflikt sei der heftigste, den sie seit Jahren durchlebt hat. Sie ist Ende 30. In der Kleinstadt gab es bisher keine Raketenangriffe. Doch jetzt schrillt mehrmals am Tag und in der Nacht der Raketenalarm.
Israel und Hamas setzen Angriffe fort
Hundert Meter von ihrem Haus entfernt sei eine Rakete eingeschlagen, erzählt Anat. Seitdem nimmt sie jeden Alarm verdammt ernst. Sobald die Sirene heult, rennt sie in den Schutzbunker des Hauses. Sie hat anderthalb Minuten Zeit dafür.
"Hundert Meter von meinem Haus entfernt ist eine Rakete eingeschlagen. Die Fenster haben gezittert. Die Türen von meinem Schrank sind aufgeflogen."
Auch Nidal erlebt den Konflikt. Der 32-Jährige wohnt mit seiner Familie in Hebron im Westjordanland, in den von Israel besetzten Gebieten. Dort sei zurzeit viel mehr israelisches Militär als sonst. "Es gibt mehr Checkpoints und mehr Schikanen", sagt Nidal. Vor einigen Tagen sei sein Viertel von israelischen Soldaten durchsucht worden. Täglich gibt es Proteste gegen Israel – auch mit Toten und Verwundeten.
Es braucht eine politische Lösung
Für Nidal sind es die heftigsten Auseinandersetzungen im Westjordanland seit 2000. Damals erlebte die Region die zweite Intifada, den zweiten großen Aufstand der Palästinenser gegen die israelische Armee. Nidal glaubt, dass vielleicht die nächste Intifada bevor steht.
Anat hat vor allem Sorge um die Städte, in denen arabische und jüdische Israelis zusammenleben. Zum Beispiel in Haifa, im Norden Israels. Oder in Jaffa, nahe Tel Aviv. Dort kommt es zu Gewalt zwischen den Bürgern.
"Die Raketen sind gar nicht das Schlimmste. Die sind wir gewohnt. Aber diese Konflikte zwischen den Bürgern sind neu. Sie machen uns große Sorgen. Es sieht aus, als wäre dort Bürgerkrieg."
Anat hofft, dass es bald einen Waffenstillstand geben könnte. Aber sie fürchtet, dass es lange dauern wird, bis sich die Menschen wieder annähern.
Auf einen Waffenstillstand hofft auch Nidal. Aber er findet, dass die Vereinten Nationen und die USA viel mehr Druck auf beide Seiten machen müssen, damit es eine wirkliche Lösung geben kann.
"Solange die Besetzung der palästinensischen Gebiete nicht gelöst ist, gibt es keine Chance auf Frieden. Ohne politische Lösung wird die Gewalt weitergehen."
Aber für ihn ist auch klar, dass die Ursache für den Konflikt die Besetzung der palästinensischen Gebiete sei. Und solange dieses Problem nicht gelöst ist, gibt es keine Chance auf Frieden, so Nidal.
Hinweis: Wie sich der Nahostkonflikt weiterentwickelt, darüber informieren wir euch fortlaufend. Aktuelle Informationen findet ihr bei den Dlf-Nova-Nachrichten und bei den Nachrichten des Deutschlandfunks.