Nach dem Anschlag in Berlin"Eine sehr schnelle Bekennerbotschaft des IS"

Die Terrororganisation IS hat den Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt für sich reklamiert. Ob das stimmt, ist unklar. Der Täter ist noch nicht gefasst und wahrscheinlich weiter auf der Flucht - den ersten Tatverdächtigen hat die Polizei inzwischen wieder freilassen.

Gestern Abend (21.12.) hat die Nachrichtenagentur des IS "Amak" gemeldet, dass die Terrorgruppe den Berliner Anschlag für sich beansprucht: Der Angriff sei eine Reaktion auf Aufrufe gewesen, die Bürger von Staaten der Anti-Terror-Koalition anzugreifen. Es spreche viel dafür, dass es ein islamistischer Anschlag war, hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière im ZDF gesagt. Allerdings: Der IS beansprucht gern solche Gewalttaten für sich, auch wenn er nicht verantwortlich ist.

"An dieser Botschaft ist nichts dran, von dem man wirklich sicher sein könnte, dass es die Täterschaft beweist."
Holger Schmidt, Terrorismus-Experte der ARD

Es sei damit zu rechnen gewesen, dass solche Bekennerschreiben auftauchen, sagt der Terrorismus-Experte der ARD Holger Schmidt. Die spannende Frage sei aber, ob sie irgendetwas enthalten, das sicherstellt, dass die Botschaft echt ist:

  • Wird der Name des Täters genannt?
  • Hört man etwas über die Vorbereitung der Tat?
  • Ist eine Motivation erkennbar?
"Das war eine sehr schnelle Bekennung. Frühere Bekennerbotschaften, die dann auch echt waren, haben länger auf sich warten lassen, teilweise Wochen."
Holger Schmidt, Terrorismus-Experte der ARD

Die Bekenner-Plattform sei zwar ernstzunehmen, da sie in der Tat zum IS gehöre. Gleichzeitig sei "Amak" aber auch ein Kanal, auf dem auch schon Falsches verbreitet wurden.

Die Ermittler ermitteln in alle Richtungen. "Wenn man die Gesamtsituation sehe, dann sei es schon sehr wahrscheinlich, dass das islamistischer Terror gewesen ist", glaubt Schmidt.

"Es gibt diese ganz große Vergleichbarkeit mit dem Anschlag in Nizza. Beide Anschläge sind ganz klar Absicht gewesen."
Holger Schmidt, Terrorismus-Experte der ARD

Dem Mann, der eine Stunde nach dem Anschlag festgenommen wurde, konnte nichts nachgewiesen werden. Deswegen wurde er gestern Abend wieder freigelassen. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe sah keine Anhaltspunkte für einen Haftbefehl.

"Der Tatverdächtige hatte keine Kampf-, Blut- oder Schmauchspuren. Auch bei der Untersuchung seines Schlafplatzes haben sich keine Spuren ergeben."
Holger Schmidt, Terrorismus-Experte der ARD

Der eigentliche Fahrer des Sattelschleppers hatte Schusswunden. Er war noch am Leben, als die Rettungskräfte eintrafen, hieß es gestern aus Berlin.

Eine Stunde lag zwischen Anschlag und Festnahme

Die Polizei war auf den zunächst verdächtigen Pakistaner gekommen, weil Augenzeugen gesehen hatten, wie ein Mann den LKW verlässt und wegläuft. Ein Zeuge ist hinterher und hat von unterwegs die Polizei gerufen. Der mutmaßliche Täter ist Richtung Tiergarten geflüchtet. Eine Stunde später haben Streifenpolizisten an der Siegessäule den 23-jährigen Pakistaner festgenommen.

"Deswegen ist es durchaus nicht auszuschließen, dass der Täter weiter flüchtig ist."

De Maizière formuliert es bewusst vorsichtig. Klar ist: man hat den Täter noch nicht. Und klar ist auch: Die Waffe, mit der der polnische Fahrer wohl erschossen wurde, ist noch nicht aufgetaucht.

Ruhe bewahren

Den Behörden liegt viel daran, dass keine Panik ausbricht. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller sagt: Es besteht kein Grund, Angst zu haben in Berlin.

"Richtig ist, die Augen offenzuhalten. Sich umzusehen, wachsam zu sein. Aber man kann sich im öffentlichen Raum bewegen, es gibt keinen Grund für Angst oder sich zu Hause einzuschließen."
Michael Müller, Bürgermeister von Berlin

Bundesinnenminister de Maizière zeigte sich optimistisch, dass die Ermittler bald weiterkommen. Die Berliner Polizei hat mitgeteilt, dass mehr als 500 Telefonanrufe von Zeugen eingegangen sind, außerdem gibt es eine Cloud vom BKA, in der Bilder und Videos von der Fahrt auf den Weihnachtsmarkt gesammelt werden. De Maizière hat auch noch von anderen Methoden gesprochen.