Musikindustrie und US-ChartsFrauenmangel
Männer dominieren die Popmusik – und zwar vor und hinter den Kulissen. Eine aktuelle Studie zeigt: In den US-Charts der vergangenen sechs Jahre war nur jede fünfte Person eine Frau. Auch bei den Grammys herrscht Frauenmangel.
Die beiden Medienforscherinnen Stacy Smith und Leah Fischman haben für die Universität Kalifornien die US-Charts untersucht und insgesamt 600 Songs im Zeitraum von 2012 bis 2017 ausgewertet. Sie haben untersucht: Wer sind eigentlich die Künstler, Songwriter und Produzenten, die es in die 100 erfolgreichsten Songs des Jahres geschafft haben? Wie ist das Verhältnis von Männern und Frauen? Aber auch: Wie sind ethnische Minderheiten in der Popmusik repräsentiert?
"Von all den Künstlern und Künstlerinnen, die da in den Charts waren, war in den letzten sechs Jahren nur jede Fünfte eine Frau."
In Sachen Songwriting sind Frauen noch unterrepräsentierter: Nur jede zehnte Person, die Songs schreibt, ist eine Frau. "Am krassesten ist das Missverhältnis bei den Produzenten. Auf 49 Männer kommt da eine Frau", so unsere Reporterin Anke van de Weyer. Zwar gebe es sehr erfolgreiche Künstlerinnen wie Rihanna, Nicki Minaj oder Taylor Swift, neben ihnen seien in dem Umfeld aber kaum andere Frauen vertreten.
Nur 10 Prozent der Grammynominierten sind Frauen
Ähnliche Tendenzen haben die Forscherinnen nicht nur bei den US-Charts, sondern auch bei den Grammys in den Jahren 2013 bis 2018 festgestellt – und zwar bei den großen Kategorien "Album des Jahres", "Song des Jahres" und "Single des Jahres" und den Kategorien "Best New Artist" und "Produzent/Produzentin des Jahres".
"Es wurde festgestellt: Über 90 Prozent der Nominierten waren männlich, nur knapp 10 Prozent weiblich."
"Die besten Chancen auf eine Grammynominierung haben Frauen in der Kategorie "Best New Artist". Knapp über ein Drittel der Nominierungen gingen da an Frauen, sagt Anke. Beim Album des Jahres gehe nur jede zehnte Nominierung an Frauen. Bei den Produzenten wurde in den vergangenen fünf Jahren keine einzige Frau nominiert. Dass sich die Zahlen bei den Grammys und bei den Charts ähneln, sei wenig überraschend, weil der Grammy ein Preis der Musikindustrie ist, so Anke: "Wo Frauen grundsätzlich erst mal weniger auftauchen, haben sie zwangsläufig auch weniger häufig die Chance auf Auszeichnungen."