Müll, Lärm, AbstandWarum unser Bier im Freien jetzt polarisiert
Wenn die Clubs zu sind, verabreden wir uns eben draußen. Egal, ob am Wasser, im Park oder auf Plätzen in den Innenstädten. Doch genau das hat in den vergangenen Wochen in ganz Deutschland zu Problemen geführt. Von Nürnberg, über Hamburg bis Berlin. Aus all diesen Städten gab es Bilder von vielen dicht gedrängten, feiernden Menschen. Die Folgen: Lärm, Müll und genervte Anwohner. Als Reaktion darauf führten die Städte teilweise ein Alkoholverbot in bestimmten Zonen ein. Warum das Draußen-Feiern gerade jetzt so polarisiert.
Emre wohnt in Frankfurt am Main und verabredet sich seit einigen Wochen regelmäßig mit seinen Freundinnen und Freunden am Opernplatz. Der geriet in die Schlagzeilen, weil dort kürzlich bis zu 2000 junge Menschen zusammen feierten. Zu viel Müll und Lärm und zu wenig Abstand, so die Kritik. Emre selbst treffe sich nur mit einer kleineren Freundesgruppe dort und erzählt, dass er einige Gruppen beobachtet habe, die versucht hätten "nicht zu kuscheln."
Weil es in Frankfurt wenig Alternativen für junge Menschen gebe, würden sie sich jetzt diesen Platz nehmen. Für Müll und Lärm hat er aber kein Verständnis und spricht sich deshalb für einen Dialog aus. "Die Jugendlichen sind jetzt da. Jetzt sollte die Stadtpolitik mit den Anwohnern und den jungen Menschen reden und schauen 'Wie bekommen wir das hin, dass wir alle Perspektiven zusammendenken und ein Konzept erarbeiten, an das wir uns alle halten können?'" Vorschläge, wie so ein Konzept aussehen könnte, hat Emre schon.
Manu hat kein Verständnis für große Feiern
Manu wohnt in Nürnberg, nicht an einem der Plätze in der Innenstadt, an denen sich an den vergangenen Wochenenden viele Menschen getroffen hatten – sie wohnt an einer normalen Kreuzung, dort sind lediglich ein paar Bänke aufgestellt. Trotzdem würde dort regelmäßig "richtig die Post" abgehen.
Grundsätzlich hat Manu Verständnis für Menschen, die sich treffen und feiern wollen, der Lärm würde sie nicht stören. Was sie nervt, ist, dass sich auf dem Plätzchen vor ihrer Wohnung zu viele Menschen auf einmal treffen, die sich viel zu nahe kommen. Denn: Die junge Frau weiß, was eine Corona-Erkrankung bedeuten kann, weil es in ihrer Familie zwei Fälle gegeben hat. Deshalb hat sie kein Verständnis für so ein Verhalten.
"Mich macht das einfach nur wütend, dass die Leute so unvorsichtig damit umgehen. Ich bin richtig entsetzt, dass das den Leuten so egal ist."
Die Idee, draußen zu feiern, hatten in der Berliner Hasenheide, einem großen Park im Stadtteil Neukölln, am vergangenen Wochenende sehr viele Menschen. Es wurden so viele, dass die Polizei am Ende mit Flutlicht den Park bestrahlte, um die Feiernden zu vertreiben.
Eine, die dort ihren Geburtstag gefeiert hat, ist Paula (Name von der Redaktion geändert). Sie habe die Situation als ein gutes Nebeneinander empfunden, die einzelnen Gruppen seien auf Distanz gewesen. Für den Einsatz der Polizei zeigt sie wenig Verständnis.
"Ich denke, immerhin sind wir in einem Park und nicht zum Beispiel in Kirchen."
Henning setzt sich für ein Alkoholverbot ein
Henning ist Mitglied beim Stadtteilbeirat Schanze in Hamburg. In den vergangenen Wochen hat die Polizei dort immer wieder im Laufe der Abende ein Alkoholverbot ausgesprochen. Zu viele Menschen waren auf den Straßen und den Bürgersteigen. "Wir können nicht mehr raus, es ist alles voll. Man kann sich kaum bewegen," sagt Henning.
Im Hamburger Szeneviertel kennt man das Problem schon länger, auch vor Corona hätten sich in etwa genauso viele Menschen bei gutem Wetter in der Schanze versammelt, so der Stadtteilbeirat.
Menschen werden aggressiver
Doch jetzt seien die Menschen lauter und deutlich aggressiver als zuvor. Den Grund dafür sieht er in der Sperrung der berühmten Feiermeile Reeperbahn. Die Menschen, die früher dort gefeiert hätten, würden nun in das Schanzenviertel kommen, so seine These. In einem offenen Brief an die Stadt fordert er deshalb ein dauerhaftes Alkoholverbot. Für ihn sei das die einzig denkbare Lösung.
Die Kontaktbeschränkungen in den einzelnen Bundesländern:
- Baden-Württemberg: In der Öffentlichkeit dürfen sich Gruppen mit Angehörigen von bis zu zwei Haushalten oder von bis zu 20 Personen aus mehreren Haushalten treffen. Bei privaten Veranstaltungen dürfen sich bis zu 20 Menschen aus mehreren Haushalten treffen. Wenn alle Personen miteinander verwandt sind, gibt es keine zahlenmäßige Beschränkung.
- Bayern: Im öffentlichen Raum dürfen sich Gruppen von bis zu zehn Personen treffen. Im jeweils eigenen Garten oder privaten Räumen gibt es keine Beschränkungen, allerdings soll die Personenzahl so begrenzt werden, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann.
- Berlin: Beliebig viele Menschen aus beliebig vielen Haushalten dürfen sich treffen, wenn Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden.
- Brandenburg: Es gibt keine Kontaktbeschränkungen mehr, die Abstandsregelungen bleiben jedoch in Kraft.
- Bremen: Es können sich Angehörige in unbestimmter Zahl aus zwei Haushalten im öffentlichen Raum treffen.
- Hamburg: Im privaten Rahmen können bis zu 25 Personen zu Feiern zusammenkommen, egal aus wie vielen Haushalten. Treffen in der Öffentlichkeit sind auf zehn Personen aus beliebig vielen Haushalten begrenzt.
- Hessen: Im öffentlichen Raum dürfen bis zu zehn Menschen gemeinsam unterwegs sein. Die Zugehörigkeit zu Haushalten spielt keine Rolle, auch der Mindestabstand muss nicht mehr eingehalten werden.
- Mecklenburg-Vorpommern: An öffentlichen Orten können sich seit dem 10. Juli Menschen in beliebiger Gruppengröße treffen. Allerdings sollen dabei die Hygieneregelungen beachtet werden.
- Niedersachsen: Der Aufenthalt in der Öffentlichkeit ist in Gruppen von bis zu zehn Personen möglich. Wenn sich Mitglieder und Angehörige aus höchstens zwei Haushalten treffen, dürfen es auch mehr Personen sein.
- Nordrhein-Westfalen: Gruppen mit bis zu zehn Personen dürfen sich im Freien treffen. Wenn sie nur zwei Haushalten angehören, dürfen es auch mehr sein.
- Rheinland-Pfalz: Es dürfen sich bis zu zehn Menschen unabhängig von der Zahl der Haushalte treffen.
- Saarland: Zusammenkünfte von bis zu zehn Menschen sind zugelassen.
- Sachsen: Es können sich zwei Hausstände treffen. Auch Treffen mit bis zu zehn Menschen sind erlaubt und das sowohl drinnen als auch draußen. In einer Gaststätte oder einem angemieteten Raum dürfen sich bis zu 100 Menschen bei Familienfeiern treffen.
- Sachsen-Anhalt: Die Landesregierung empfiehlt, sich mit nicht mehr als zehn Menschen zu treffen und den Kreis der Kontaktpersonen generell niedrig zu halten. Ein Kontaktverbot gibt es nicht mehr.
- Schleswig-Holstein: Zusammenkünfte von bis zu 50 Personen sind im privaten Raum zulässig.
- Thüringen: Es gelten keine Kontaktbeschränkungen mehr. Eine neue Grundverordnung empfiehlt aber, sich nur mit einem weiteren Haushalt oder mit maximal zehn Menschen zu treffen.