Müde, kraftlos, unkonzentriertWie Long Covid unser Leben verändert
Einmal kurz Corona und dann einfach sehr lange krank. Jana beschreibt ihr Leben mit Long Covid. Die Ärztin Jördis Frommhold erklärt, was typischerweise dazu gehört.
Sie hatte nur einmal Covid-19 und ist seit Januar 2021 krankgeschrieben. Jana hat die Erkrankung im Oktober 2020 durchgemacht, gemeinsam mit ihrer Schwester und ihrer Mutter. Vorerkrankungen hatte Jana selbst nicht. Sie hat deshalb auch nicht damit gerechnet, dass sie schwere Folgewirkungen haben könnte – eigentlich hat sie sich eher um ihre Mutter gesorgt.
"Ich habe mir zu dieser Zeit keine Gedanken darüber gemacht, dass ich an Langzeitfolgen leiden könnte."
Covid-19 verlief bei ihr moderat. Sie war rund zehn Tage lang bettlägerig. Gelitten hat die heute 31-Jährige besonders unter Fieber, Kopfschmerzen und Schüttelfrost. Nach einer Woche ist dann Luftnot hinzugekommen. Jana sagt: "Ich war noch nie so krank wie zu diesem Zeitpunkt". Mit den üblichen Krankheiten hatte sie durch ihre Arbeit in einer Kindertagesstätte ziemlich umfassende Erfahrungen gemacht.
"Es hat sich angefühlt, als wenn jemand auf meinem Brustkorb sitzt."
Erste Anzeichen von Long Covid waren, dass sie beim Einkaufen plötzlich einen Stuhl zum Sitzen brauchte. Sie konnte bei ihrer Arbeit nicht mehr mit Maske singen wie zuvor. Jana hatte Schweißausbrüche, Luftnot und eine Art von Brainfog. Das ist ein in Alltagssituationen plötzlich auftretender Gedächtnisverlust oder Verwirrtheit.
Starke Ermüdungserscheinungen
Sie dachte zuerst an eine Lungenentzündung oder eine allgemeine Konditionsschwäche nach Covid-19 und sagt: "Ich habe gedacht, das kommt schon wieder." Sie hat dann festgestellt, dass eine bestimmte Armhaltung bei ihr zu starker Ermüdung führt. Das ist eine Haltung, die sie bei ganz alltäglichen Tätigkeiten einnimmt, beim Halten der Duschbrause oder beim Telefonieren zum Beispiel. Dieser Effekt hat bei ihr Panik ausgelöst.
"Die Befunde waren alle in Ordnung. Es ging mir zu diesem Zeitpunkt schon total schlecht."
Neurologische Störungen
Ärztinnen und Ärzte hätten ihre Beschwerden nicht ernstgenommen, sagt Jana. Sie habe sich von ihnen ignoriert gefühlt und hilflos. Über eine Betroffenengruppe bei Facebook hat sie dann eine Klinik gefunden, die ihre Symptome ernst nehmen. Diese haben eine Small fiber sensory neuropathy diagnostiziert. Das sind viele kleine Verletzungen von Nervenenden. Das betrifft den ganzen Körper. Betroffene verspüren ein brennendes Gefühl. Jana sagt, sie werde täglich vom eigenen Körper gefoltert. Sie beschreibt die Symptome so: "Innerliches Vibrieren, als hätte ich Handys verschluckt. Es brennt überall. Extreme Muskelschwäche, Herzrasen, Luftnot."
Typischerweise sind eher jüngere Menschen ohne Vorerkrankungen von Long Covid betroffen, sagt Jördis Frommhold. Viele Patientinnen und Patienten seien leistungsbereit und wollten nur ihr normales Leben zurück. Meistens haben sie einen eher milden Verlauf von Covid-19 hinter sich. Long Covid umfasse eine Gruppe von bis zu 200 verschiedenen Symptomen.
"Long Covid kann bei allen Verläufen auftreten. Insbesondere eher bei denjenigen, die akut milde Verläufe hatten."
Jördis Frommhold ist Präsidentin des interdisziplinären Ärzte- und Ärztinnenverbands Long Covid und Chefärztin der Median-Klinik in Heiligendamm. Von Herbst 2022 an wird sie ein neues Long-Covid-Institut in Rostock leiten. Sie sagt über die Behandlung von Long Covid: "Es ist im Moment noch ein Großteil Erfahrungsmedizin."
"Ab Sommer 2020 fiel uns auf, das sind eher junge Patienten, die haben trotzdem Spätfolgen, die sehr, sehr unterschiedlich sind."
Sie rät grundsätzlich dazu, dem Körper Zeit zum Regenerieren zu geben und die Akutphase gut ausheilen zu lassen. Im Mittelpunkt von Long-Covid-Diagnosen stehen die Fatigue-Symptomatik, kognitive Einschränkungen, Gelenkschmerzen und Pulsschwankungen. Gemeinsam ist vielen Patientinnen und Patienten, dass die Symptome bei kleinster Anstrengung massiv stärker werden.
"Wenn ich jemanden mit ausgeprägten neurologischen Symptomen habe, braucht dieser Patient, diese Betroffene, eine neurologische Abklärung."
Ein bisschen mehr Akzeptanz könne den Betroffenen schon helfen, ist Jördis Frommhold überzeugt. Auf dem Weg dahin sei Aufklärungsarbeit und ein gesamtgesellschaftliches Umdenken erforderlich.
Hinweis: Jana möchte nicht mit ihrem bürgerlichen Namen genannt werden. Dieser ist der Redaktion bekannt.