Chirurgen-NachwuchsWegen Handys: zu ungeschickt für das Skalpell
Handbewegung und Hirnentwicklung sind eng miteinander verknüpft. Zuviel Handy und zu wenig Handarbeit bedrohen die Operationspraxis, meint ein britischer Chirurg. Unser Reporter ist der Sache nachgegangen.
Wir touchen und wischen immer mehr und werden deshalb ungeschickter. So ungeschickt, dass es bald keine geeigneten Chirurgen mehr gebe, sagt der Brite Roger Kneebone. Er unterrichtet angehende Chirurgen und stellt fest, dass seine Studenten manuell immer ungeschickter werden. Unser Reporter Stephan Beuting hat sich das Problem genauer angesehen.
Der Chirurg Robert Kneebone meint, dass seine Studierenden am Imperial College London in den vergangenen Jahren nicht mehr in der Lage wären, etwas auszuschneiden oder mit ihren Händen zu machen. Seine These lautet: zu viel Smartphone, zu wenig anspruchsvolle Handarbeit.
Mehr Zeit mit dem Handy
Tatsächlich nimmt die Zeit, in der unser Daumen drückt und wischt, seit paar Jahren kontinuierlich zu. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2015 waren es in der Altersgruppe der 18-29-Jährigen vier Stunden täglich. In dieser Zeit werden die Hände zwar bewegt, aber ziemlich einseitig. So schätzt auch Werner Brosch die typischen Handy-Bewegungen ein. Er ist Handchirurg in Starnberg.
"Das ist eine monotone, gleichförmige, nicht-differenzierte Bewegung. Das ist im Endeffekt nur eine repetitive Bewegung, ohne dass etwas Differenziertes gemacht wird."
Tippen auf der Tastatur sei etwas weniger einseitig, aber immer noch weit entfernt von dem motorischen Umfang beim Handwerken, Basteln oder Musizieren. Weit weg von den taktilen Reizen, die das System Hirn-Hand auf eine förderliche Weise stimulieren. Aber genau diese Ansprache scheint wesentlich für unsere motorisch-geistige Entwicklung zu sein.
"Also wenn man die Hand verkümmern lässt, lassen auch Intelligenz und Merkfähigkeit nach. Wenn man Menschen, die nicht Klavier spielen, für 14 Tage so Übungen und Tonleitern spielen lässt, tritt eine zunehmende Hirnfunktion ein."