Mode-Professorin Antje Drinkuth"Neunziger Mode ist unglaublich bequem und genderfluid"
Plateau-Schuhe, bauchfreie Tops und große Pullis haben sich in viele Kleiderschränke geschlichen. Der Neunziger-Look ist zurück und das aus guten Gründen, weiß Mode-Professorin Antje Drinkuth.
Jede Berliner Techno-Party ist der Beweis dafür, dass wir noch lang nicht mit den Neunzigern abgeschlossen haben: Kurze Tops, Radlerhosen, klobige Schuhe und viele andere Klamotten, die Leute im Keller ihrer Eltern oder beim Vintage-Laden um die Ecke gefunden haben. Für die einen ein cooler, individueller Style, für die anderen eine große Geschmacklosigkeit.
Modeprofessorin Antje Drinkuth lehrt an der Akademie für Mode und Design in Berlin und bemerkt diesen Trend auch bei ihren Studierenden: "Fastfashion ist sehr in Verruf geraten", im Sinne der Nachhaltigkeit würden immer mehr Leute Second Hand- und Vintage-Mode kaufen. Zusätzlich sei die Kleidung günstiger und individueller als viele Teile von der Stange.
"Second Hand Mode ist eine tolle Möglichkeit, um ein Einzelstück zu bekommen."
Der Stil der Neunziger hat aber noch einen anderen Vorteil, sagt Antje Drinkuth: Er funktioniert zu vielen Anlässen, ist bequem und offen für alle Geschlechter. Gerade die Genderneutralität sei vielen ihrer Studierenden wichtig. "Es ist ein Unisex Style, den alle tragen können."
"Die Leute haben keinen Bock, sich drei Mal umzuziehen – der neunziger Look funktioniert in der Uni, im Park und im Club."
Der Berghain-Look schafft es auf internationale Laufstege
Gerade in Berlin sei die Mode sehr geprägt vom Nachtleben, und das beeinflusst nicht nur die Menschen, die dort zum Feiern hingehen: "Da könnte ich zwei, drei Labels nennen, die dort ihre Inspiration finden und sie international verbreiten." Deshalb könnte es sein, dass der aktuelle Neunziger-Trend der Mode gar nicht durch die Industrie vorgegeben wurde, sondern von Leuten aus der Berliner Clubszene.
Menschen würden Second Hand-Klamotten kaufen und sie dann im Berghain tragen: "Die Designer gucken sich die Leute an und dann geht es mit den Looks auf den Laufsteg."
"Trends sind unberechenbar und das ist auch toll daran – so bleibt die Mode mysteriös."
Bei den nächsten Trends würde es um andere Themen gehen, sagt Antje Drinkuth: "Corona hat unsere Konsumgewohnheiten verändert, es geht jetzt mehr um Qualität und weniger um Impulskäufe." Das bedeutet, die Mode könnte demnächst eher auf klassische Schnitte und Zeitlosigkeit setzen.