Schutz vor Gewalt gegen FrauenEure Vorschläge für mehr Sicherheit in den Öffis

Gemischte Teams bei Sicherheitskontrollen, Alkoholverbot in Bus und Bahn und mehr Licht in Bahnhöfen – wir haben euch gefragt, wie der ÖPNV sicherer werden könnte, und das waren nur ein paar eurer Vorschläge. Wir checken, wie umsetzbar eure Ideen sind.

Frauenabteilen in öffentlichen Verkehrsmitteln? In Berlin haben die Grünen vorgeschlagen, solche Waggons einzuführen – ein Konzept, das bereits in Ländern wie Mexiko oder Japan existiert. Der Vorschlag polarisiert.

"Frauenabteile senden das Signal: Hier bist du sicher, anderswo vielleicht nicht."
Dr. Ines Kawgan-Kagan, Mobilitätsforscherin

Laut Mobilitätsforscherin Ines Kawgan-Kagan können diese Abteile einerseits für mehr Sicherheit sorgen, werfen andererseits aber auch komplexe Fragen auf. So würde damit etwa das Signal gesendet, dort seien Frauen sicher, in anderen Abteilen aber nicht. "Das kann dazu führen, dass Frauen, die sich nicht in solche Abteile setzen, später mit Schuldzuweisungen konfrontiert werden“, warnt sie.

Ähnliche Einwände hat sie bei dem Vorschlag, im ersten Waggon ein Sicherheitsabteil mit ständig präsentem Personal einzurichten: Das könnte zwar die Sicherheit steigern, räumt Ines Kawgan-Kagan an, es fehle aber oft am nötigen Personal. Und auch das wirft dann das Problem auf, folgert sie, dass so eine Maßnahme zwar in dem einen Abteil Sicherheit bieten könnte, dabei aber den Rest des Zuges wohl ungeschützt lassen würde.

Idee für mehr Sicherheit im ÖPNV: Gemischte Teams bei Kontrollen

Ein weiterer Vorschlag aus der Community dreht sich ebenfalls um das Sicherheitspersonal: Oftmals sind es ja Männer, die Fahrkarten kontrollieren oder in Bussen und Bahnen für Sicherheit sorgen.

Sie sollen viel Autorität ausstrahlen und im Zweifelsfall Streit schlichten, bei Auseinandersetzungen dazwischen gehen oder Konflikte von vornherein gar nicht entstehen lassen. Bei pöbelnden Personen, die Frauen möglicherweise generell als schwächer ansehen, könnten weibliche Sicherheitskräfte Probleme bekommen, so der Gedanke.

"Wer bewirbt sich denn als Person, um im Sicherheitsdienst zu arbeiten? Statistisch gesehen sind es einfach mehr Männer als Frauen.“
Dr. Ines Kawgan-Kagan - Mobilitätsforscherin

Eine Lösung für den ÖPNV, so eine Idee von euch, könnten gender-gemischte Teams sein. Da sieht Ines Kawgan-Kagan allerdings folgende Hürde: Auch hier könnte die Personallage einen Strich durch die Rechnung machen, denn im Sicherheitsbereich bewerben sich nach wie vor mehr Männer als Frauen.

Alkoholverbote: Schwierige Umsetzbarkeit

Auch ein Alkoholverbot in Zügen und Bahnen habt ihr vorgeschlagen. Diese Idee erscheint auf den ersten Blick sinnvoll: Alkoholkonsum kann Konflikte eskalieren und auch entstehen lassen und das Sicherheitsempfinden beeinträchtigen. Das Prinzip ist klar, sagt die Mobilitätsforscherin: Party machen kann man woanders, in der Bahn muss man sich benehmen.

Aber die Umsetzung stellt eine Herausforderung dar: Regeln, die nicht kontrolliert werden, verlieren ihre Wirkung. Und auch hier gibt sie wieder zu bedenken: Kontrollpersonal ist oft nicht ausreichend vorhanden. Tatsächlich gibt es ein solches Verbot übrigens schon vielerorts, in manchen Regionalbahnen zum Beispiel – aber nicht alle schreckt das ab.

Notfallknöpfe: Sicherheit oder Eskalation?

Eine weitere Idee aus der Community: Notfallknöpfe, die direkt mit dem Fahrpersonal verbunden sind. Die Idee klingt sinnvoll, birgt aber auch Risiken, so die Mobilitätsforscherin: So ein Notfallsignal kann eine Bedrohungssituation noch weiter eskalieren lassen, meint sie, und es ist unklar, ob rechtzeitig und überhaupt Hilfe kommt. Die Angst vor einer zusätzlichen Eskalation könnte Frauen davon abhalten, diese Option überhaupt zu nutzen, befürchtet sie.

Mehr Licht = mehr Sicherheit?

Helle, saubere Bahnhöfe ohne dunkle Ecken – diesen Wunsch haben viele von euch geäußert. Studien bestätigen auch, dass Beleuchtung und Sauberkeit das subjektive Sicherheitsempfinden erhöhen, sagt Ines Kawgan-Kagan. Und trotzdem: Auch hier gibt es leider Grenzen.

"Hundert Meter weiter, auf dem Weg vom Bahnhof nach Hause, sind oft weder Licht noch Kameras vorhanden.“
Dr. Ines Kawgan-Kagan, Mobilitätsforscherin

Denn nach dem Bahnhof kommt ja noch der Gang durch die Straße nach Hause – und da sieht es dann oft wieder düster aus. Und auch Kameras gibt es da meist nicht. So würden die Orte für Gewalt gegen Frauen lediglich verlagert.

Wir brauchen einen gesellschaftlichen Wandel

Maßnahmen in Zügen und an Bahnhöfen sind das eine. Man muss aber auch die Ursachen bekämpfen, mahnt die Mobilitätsforscherin an. Das Gefühl von Unsicherheit, besonders bei Frauen, sei tief in unserer Gesellschaft verankert.

"Wir müssen einfach diese Debatte führen: warum sind Frauen ständig diesem Gefühl der Angst ausgesetzt?"
Dr. Ines Kawgan-Kagan, Mobilitätsforscherin

Männer müssen für das Thema sensibilisiert werden, fordert sie, Männer seien statistisch gesehen nämlich für einen Großteil der Gewalttaten an Frauen verantwortlich. Nur so kann es ihrer Ansicht nach gelingen, dass sich alle Menschen sicher im öffentlichen Raum bewegen können.