MimikWarum wir die Zunge rausstrecken
Jeder kennt das berühmte Foto von Albert Einstein, auf dem er - im Alter von 72 Jahren - die Zunge herausstreckt und ein bisschen kindlich-schelmisch in die Kamera blickt. Auch Miley Cyrus streckt Fotografen gerne mal ihre Zunge entgegen - und als Kinder machen wir es sowieso. Wir haben nach Erklärungen gesucht, warum wir das machen.
So richtig gut erforscht ist die rausgestreckte Zunge noch nicht, aber ein paar Erkenntnisse gibt es dennoch. Zunächst müssen wir allerdings etwas genauer definieren, auf welche Situation wir uns genau beziehen. Da gibt es natürlich einerseits die Schadenfreude, wenn wir mit der Zunge zeigen wollen: "Ätsch, das hast du nun davon."
Dann kann die ausgestreckte Zunge auch provozierend gemeint sein. Jemand streckt die Zunge raus, um frech oder bösartig rüberzukommen. Wieder anders ist das Demonstrieren von Ekel. Und eher unbewusst strecken manche Menschen die Zunge heraus, wenn sie sich sehr konzentrieren.
"Zungenrausstrecken ist ein deutliches Zeichen für Ablehnung - und zwar so deutlich, dass es weltweit als Beleidigung verstanden wird."
Studien gibt es dazu nicht, aber eine These, die viel diskutiert wird. Und die besagt: Das kommt aus der frühen Kindheit. Wenn Babys oder Kleinkindern Essen nicht schmeckt, dann befördern sie den Brei Zeug gerne mal mit ausgestreckter Zunge nach draußen. Aber auch wir Erwachsenen reagieren gelegentlich mit einer ausgestreckten Zunge, um zu signalisieren, dass wir uns ekeln.
Bäh, das schmeckt mir nicht!
Deswegen sagt die Theorie: Die ausgestreckte Zunge ist ein ritualisiertes Ausspucken von ekelhaftem Essen und damit eben ein Zeichen für unsere Abscheu. Dirk Eilert, Experte für Mimik und Gestik nennt es deswegen auch eine "Relikt-Geste", weil das Zungenrausstrecken noch ein Relikt aus unserer Kindheit ist.
"Laut dem Bußgeldkatalog in Deutschland kostet es 150 Euro Strafe, wenn man einen anderen Verkehrsteilnehmer beleidigt - mit Zunge rausstrecken."
Es gibt Menschen - nicht nur Kinder - die bei hoher Konzentration irgendwie scheinen, die Kontrolle über ihre Zunge zu verlieren und lassen sie aus dem Mund hängen. Vielleicht auch eher seitlich. Ein berühmtes Beispiel ist Michael Jordan, der Basketballprofi, von ihm gibt es viele Fotos, auf denen er beim Dribbeln oder kurz vor einem Wurf sehr konzentriert schaut und die Zunge rausstreckt.
Forscher aus England und Schweden haben das in einer Studie mit vierjährigen Kindern genauer untersucht: Die Kinder sollten verschiedene Dinge mit den Händen machen, zum Beispiel Bauklötze sortieren oder ein Spiel spielen. Und bei allen Aufgaben haben die Kinder dann tatsächlich die Zunge rausgestreckt.
Zungenrausstrecken - ein Überbleibsel aus der Evolution der Sprache
Die Erklärung der Forscher ist, dass es mit der Entstehung unserer Sprache zu tun hat. Sie sagen, Handbewegungen und Gesten sind in der Evolution eine sehr frühe Form der Kommunikation beziehungsweise der Sprache gewesen. Das Zungenrausstrecken könnte also, den Forschern zufolge, ein Überbleibsel aus einer Zeit sein, wo Menschen noch mehr mit den Händen und erst allmählich mehr mit der Zunge kommuniziert haben.
- So funktioniert Überraschung | Plötzlich läuft ein Elefant vors Auto - überrascht?! Wie Überraschungen bei uns ablaufen, hat ein Psychologe analysiert: Erst wundern, dann kurz nachdenken und danach freuen oder ausrasten.
- Echtes Lächeln baut Stress ab | Lächeln ist nicht gleich lächeln, klar. Aber wir reagieren auch sehr sensibel darauf, ob unser Gegenüber herzlich, kooperierend oder arrogant lächelt. Letzteres macht uns nämlich Stress.
- Männlicher Irrtum: Die will mich! | Mmh, hat die Bock auf mich? Für Männer scheint es nicht so leicht zu sein, die Signale von Frauen richtig zu deuten. Das legt jedenfalls eine Studie von US-Forschern nahe.