IntegrationMarcel Aburakia: "Ich habe die Leere erst durch migrantische Freunde füllen können"
Marcel Aburakia ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Trotzdem, sagt er, hat er nie richtig dazugehört, weil sich die Menschen nicht auf ihn eingelassen haben. Heute erwartet er mehr Offenheit gegenüber migrantischen Menschen, denn Integration sei keine Einbahnstraße.
Marcel Nadeem Aburakia ist in Deutschland geboren. Sein Vater stammt aus Palästina, seine Mutter aus Niederbayern. Er wächst in einem gut situierten Viertel in München auf, aber in einem Haus, wo Menschen mit eher kleinen Einkommen wohnen.
Der Mittzwanziger hat sich nie richtig zugehörig in Deutschland oder unter seinen Freunden immer außen vor gefühlt. Als er seine Familie in Palästina besucht, erlebt er Gastfreundschaft und Herzlichkeit, wie sie ihm von seiner niederbayerischen Verwandtschaft nicht entgegengebracht wurde.
"Ich habe das Gefühl gehabt, dass viele Leute sich nicht auf mein Leben einlassen wollten."
Marcel hat Journalismus an einer bayerischen Privat-Uni studiert und hatte immer das Gefühl, er müsse besser sein als alle anderen Studierenden. Auch in der Uni-Community fühlt er sich nicht wohl. Er beginnt beim Bayerischen Rundfunk zu arbeiten und bekommt eine Zuschrift von Malcolm Ohanwe.
Im Austausch mit ihm, kommt Marcel zu der Ansicht, dass es Gründe gibt, warum Freundschaften mit weißen, nicht-migrantischen Menschen schwierig sind. Gemeinsam mit Malcom produziert er heute den Podcast Kanackische Welle.
"Wenn ich den Menschen gespiegelt habe, dass sie sich nicht auf mein Leben einlassen, kam schnell der Vorwurf, ich würde mich nicht integrieren wollen."
Marcel ist der Ansicht, dass sich Mehrheits-Menschen nicht automatisch mit den Problemen von Minderheiten auseinandersetzen und sich zum Beispiel nicht fragen: "Was bedeutet es, als arabischer Mensch in Deutschland zu leben?"
Empathie und Verständnis für migrantische Menschen
Sie würden auch nicht nach der Geschichte des Herkunftslandes fragen, "um zu verstehen, warum ich in bestimmten Situationen so handle, wie ich handle", sagt Marcel. So könnte ein Verständnis für diese Menschen entstehen, warum sie ihr Leben auf eine bestimmte Art führen.
"Ich hatte ganz oft Momente, wo ich mit weißen, nicht-migrantischen Freunden zusammensaß, und das Gefühl hatte, dass irgendetwas nicht stimmt, ich fühlte mich nicht wohl wegen der Sprüche oder der Witze."
Lange habe Marcel nicht verstanden, woher sein Schmerz oder auch die Leere kam, die er empfand, wenn im Freundeskreis bestimmte Themen angesprochen oder auf eine bestimmte Art Witze gerissen wurden.
"Ich habe die Leere erst durch migrantische Freunde füllen können."
Marcel setzt sich mit seinen Freunden auseinander und erwartet, dass sie sich auf seine Identität einlassen. Aber, sagt er, einige Freunde hätten sich nicht darauf einlassen können und von ihnen habe er sich "entfreundet". Und er gewinnt neue Freunde unter den migrantischen Menschen.
Gegenseitiges Aufeinandereinlassen
Bei Bento hat Marcel eine Kolumne über diese Einsamkeit geschrieben, die er als Mensch mit migrantischen Wurzeln fühlt. Er wirbt dafür, dass sich Menschen mit Migrationshintergund vernetzen und so ihre Einsamkeit überwinden können.
"Integration ist keine Einbahnstraße, sondern geht in zwei Richtungen: Wenn ich mich integrieren muss, dann muss auch eine Offenheit da sein, mir entgegenzukommen."
In den migrantischen Communitys fühle sich Marcel wohl, weil er sich dort nicht verleugnen muss, sondern einfach er selbst sein kann. Die Offenheit weißer, nicht-migrantischer Menschen gegenüber migrantischen Minderheiten gebe es auch unter der jüngeren Generation in Deutschland noch nicht in dem Maße, wie Marcel sich das wünscht.