Microsoft kauft LinkedInBreites Grinsen für 26 Milliarden
Exzessiv shoppen gehen tut gut - im besten Fall strahlen alle Beteiligten vor Freude: Genauso sieht das jedenfalls auf dem Foto aus, das um die Welt ging mit der Meldung, dass Microsoft das Karrierenetzwerk LinkedIn übernimmt - für schlappe 26,2 Milliarden Dollar.
Ab und zu haut ihr vielleicht mal so richtig Kohle auf den Kopf. Nun packt einen ja manchmal einige Zeit nach so einem Shoppingrausch der Katzenjammer. Ein Umtauschrecht hat sich Microsoft nicht einräumen lassen. Aber immerhin ein Trostpflästerchen, falls der Deal doch noch platzen sollte - dann müsste LinkedIn 725 Millionen Schadensersatz zahlen.
"Microsoft will LinkedIn richtig heftig gern haben."
Das zeigt auch der happige Aufpreis: Der Softwarekonzern zahlt 64 Prozent mehr, als die LinkedIn-Aktie am Freitagabend notiert war. Anschließend ist der Kurs logischerweise auf das Level der Übernahmevereinbarung angestiegen - und der Kurs der Microsoftaktie ist vorbörslich moderate 4 Prozent gesunken.
Gute Laune überall
Und das breite Grinsen von LinkedIn-CEO Jeff-Weiner und dem Verwaltungsratsvorsitzenden Reid Hoffmann hat ja noch einen guten Grund: Die beiden behalten ihre Posten.
"LinkedIn soll auch als Microsoft-Tochter eigenständig bleiben, auch als Marke - das nenne ich mal einen guten Deal."
Microsoft-Boss Satya Nadella, auf dem Foto zwischen den beiden anderen, macht auch ein fröhliches Gesicht - aber doch etwas verkniffen. Ein Peanuts-Einkauf ist das selbst für einen Weltkonzern nicht, kann sich das rechnen: 26 Milliarden?
"Microsoft hatte ja schon mal tief ins Klo gegriffen - bei der Übernahme von Nokia."
Nokia lag damals bei 7,2 Milliarden Kaufpreis. Mittlerweile wissen wir: Solche Deals können total schiefgehen, trotz aller Grinserei und aller Managerpoesie.
LinkedIn ist ein Business-Social-Network, das Kapital besteht quasi in den Nutzern und deren Daten. The Register hat nachgerechnet: Microsoft bezahlt 60 Dollar pro LinkedIn-User, Facebook hatte bei der Übernahme von WhatsApp 42 Dollar gezahlt. Die Business-Klientel bei LinkedIn dürfte doch etwas besser zu monetarisieren sein, als die überwiegend private bei WhatsApp.
Stellenanzeigen und Suchmöglichkeiten für Headhunter
Das bisherige Geschäft von LinkedIn geht weiter. Es besteht zum kleineren Teil aus den Usergebühren für einen Premium-Account. Zum größten Teil aber aus Anzeigen: Stellenanzeigen und Suchmöglichkeiten für Headhunter. Außerdem ist LinkedIn vor Kurzem noch in den eLearning-Markt eingestiegen.
"Microsoft sieht die 433 Millionen LinkedIn-User, davon 105 Millionen aktive, als potenzielle Kunden für seine Office-Produkte."
Natürlich ist die Frage, wie viel von denen bislang noch nicht mit Office arbeiten. Außerdem will Microsoft das Netzwerk in die Office365-Produktlinie und die Cloud-Dienste nahtlos einbinden. So soll dann offenbar auch der Inhalt, der gerade bearbeiteten Dokumente, Planungen und Präsentationen ausgewertet werden. Bislang tappt die LinkedIn-Timeline dabei im Dunkeln, was denn die Interessen des Users sind.
"Da wäre dann eine viel gezieltere Ansprache möglich - wobei das natürlich wieder happige Datenschutz- und Vertraulichkeitsfragen aufwirft."
Firmen werden sehr genau hinschauen, was da abfließt, genauso wie sie selten begeistert sind, wenn der Angestellte während der Arbeit nach einem neuen Job Ausschau hält. Ein steht fest, glaubt Michael Gessat: Office- oder Windowskunden mit Microsoft-Account bekommen demnächst wahrscheinlich LinkedIn angeboten oder aufgedrängt.
"Man muss ganz klar sagen: Für viele Leute ist der LinkedIn-Account absolut nutzlos."
Rene Walter bei nerdcore frotzelt, er habe vergessen, dass er den LinkedIn-Account habe, weil er die Nervmails immer schon wegfiltere. Auch die von Xing. LinkedIn ist halt nur auf berufliche Nutzer mit Karriereambitionen ausgerichtet - und da auch nur auf bestimmte Branchen. Das ist vielleicht eine Stärke, aber auch eine Schwäche.
Ganz abgemacht ist das also noch nicht, dass der Kauf für Microsoft nicht vielleicht ein weiterer Griff ins Klo wird.