Autor Michael Nast"Verliebtheit ist das Liebesmodell des Narzissten"

Wir sind die "Generation Beziehungsunfähig" – diese These hat Autor Michael Nast vor einigen Jahren aufgestellt und damit einen kontroversen Begriff geprägt. Er war selbst jahrelang Single und sagt von sich selbst, dass er Verliebtheit mit Liebe verwechselt hat. Was sich geändert hat, verrät er im Deep Talk.

2015 geht ein Blogartikel von Michael Nast im Netz viral. Er schreibt über die sogenannte "Generation Beziehungsunfähig". Seine nicht unumstrittene Grundthese lautete damals: Vor lauter Selbstinszenierung, Selbstoptimierung und Selbstverwirklichung scheitern wir an der Liebe. Und wir haben falsche Idealvorstellungen von einer Partnerin oder einem Partner. Der Artikel wird damals millionenfach gelesen, sein im Anschluss erschienenes Buch dazu steht wochenlang auf den Bestsellerlisten.

Nast: Verliebtheit ist ein psychotischer Zustand

Michael Nast ist 1975 in Berlin-Köpenick geboren und lebt und arbeitet heute als Autor in Berlin. Nachdem er den Begriff der "Generation Beziehungsunfähig" geprägt und auf Lesungen durch ganz Deutschland gereist ist, hat er sich aus persönlichem Interesse weiter mit dem Thema beschäftigt.

Auf der Suche nach einer tiefer gehenden Langzeitbeziehung lernt der langjährige Single viel über sich selbst – und über den Unterschied von Verliebtheit und Liebe. "Verliebtheit ist das Liebesmodell des Narzissten. Weil letztendlich hast du zwei Leute, die sich permanent überhöhen", sagt Michel Nast.

"Dieser psychotische Zustand Verliebtheit ist eigentlich extrem unempathisch. Es geht nie um die andere Person."
Michael Nast, Autor

Er unterhält sich mit Psychotherapeuten, Psychologen, Soziologen über Beziehungen und Bindungstypen, liest Bücher zu dem Thema – und erkennt eigene Muster. Zum Beispiel, dass er sich immer von Frauen angezogen gefühlt hat, die irgendwie außer Reichweite waren.

"Ich bin ein ängstlicher Bindungstyp und die müssen beweisen können, wie groß die Gefühle sind."
Michael Nast, Autor

Michael Nasts Prozess der Selbstreflexion bringt ihn so weit, ein zweites Buch zu schreiben: "Generation Beziehungsunfähig - die Lösungen". Das Buch soll kein Ratgeber sein, sondern eine Aufforderung. "Wenn man immer sagt: Alle anderen sind Schuld, oder die Umstände sind Schuld, oder die Generation ist Schuld. Das ist die beste Ausrede, um nichts zu machen", so der Autor. Stattdessen sollten wir herausfinden, was für eine Form der Beziehung wir eigentlich wollen.

"Es geht darum, ein Glück zu finden, was einen auch betrifft."
Michael Nast, Autor