Asia Argento und #MeTooSexuelle Gewalt: Mitfühlen geht, Vorverurteilen geht nicht
Jetzt wird Asia Argento des Missbrauchs beschuldigt – eine der lautesten Stimmen von #MeToo. Wie verändert das die Diskussion? Vielleicht zum Guten, sagt die Kulturwissenschaftlerin und Autorin Mithu Sanyal.
Asia Argento war eine der ersten Frauen, die Harvey Weinstein öffentlich der Vergewaltigung beschuldigten. Das war am Beginn der #MeToo-Bewegung im Oktober 2017.
Seitdem hat die italienische Regisseurin und Schauspielerin sich mit dem Schauspieler Jimmy Bennett stillschweigend auf die Zahlung von 380.000 Dollar geeinigt. Er wirft ihr vor, ihn im Alter von 17 Jahren missbraucht zu haben.
Stereotype dominieren die Diskussion
Wir haben mit der Journalistin und Autorin Mithu Sanyal gesprochen. Sie untersucht als Kulturwissenschaftlerin, wie Gender-Stereotype den Diskurs über Sexualstraftaten prägen. Sie sagt, dass der mutmaßliche Missbrauch eines jungen Mannes durch eine Frau ganz anders wahrgenommen und diskutiert werde, als wenn eine Frau von einem Mann missbraucht wurde.
"Wir beziehen sehr rasch Position, aber sehr anders, wenn es um männliche Opfer geht. Männer sind teilweise zu Beginn der Debatte zum Schweigen gebracht worden."
Mithu Sanyal hofft, dass der Missbrauchsverdacht gegen Asia Argento die Diskussion um sexuelle Gewalt im Ergebnis präzisiert, weil er wegführen könnte von einer vereinfachenden und polarisierenden Sicht: hier die reinen Täter, dort die reinen Opfer.
"Auch im Fall Asia Argento: Wenn die Vorwürfe stimmen würden, würde es nicht schmälern, was ihr geschehen ist. Das kann man nicht gegeneinander aufwiegen."
Mithu Sanyal erinnert daran, dass Asia Argento mit radikaler Rhetorik Harvey Weinstein förmlich verteufelt hat. Beim Filmfestival in Cannes 2018 sagte sie vor der Preisverleihung auf der Bühne voraus, dass Harvey Weinstein nie wieder zu dem Festival eingeladen werde. Sie selbst beschuldigt den Produzenten, sie 1997 während des Festivals vergewaltigt zu haben.
"Potentielle oder tatsächliche Täter sind immer noch Menschen, Opfer sind auch immer noch Menschen und so sollten wir sie auch behandeln."
Die Zahlung von Asia Argento an Jimmy Bennett ist von Anwälten beider Seiten dokumentiert worden. Fotos von dem Treffen der beiden am 9. Mai 2013 in einem Hotelzimmer postete die Schauspielerin.
Asia Argento als Beschuldigte
Die Harmonie, die auf den Fotos zu sehen ist, steht nur dem Anschein nach im Widerspruch zu Anschuldigungen, die Jimmy Bennett später erhoben hat, sagt Mithu Sanyal.
"Mitgefühl mit den Opfern bedeutet nicht gleichzeitig die potentiellen Täter zu verurteilen."
Die Zahlung wurde begründet durch Verdienstausfälle, die Jimmy Bennett in diesem und den folgenden Jahren nachweisen konnte. Jimmy Bennett hat ein Statement veröffentlich. Er schreibt, dass Asia Argentos Auftreten als Opfer ihn erneut traumatisiert habe. Deswegen habe er nun auch seine Vorwürfe öffentlich gemacht.
Mehr zum Thema #MeToo bei Deutschlandfunk Nova:
- #MeToo: (K)ein Männerthema | Die #MeToo-Debatte ist in den Medien präsent. Dennoch gibt es einige Männer, die davon nichts davon mitbekommen haben oder genervt von der Debatte sind. Wie sprechen Männer untereinander über #MeToo?
- Karneval: Sexuelle Belästigung trotz #MeToo | An Karneval wird gefeiert, getrunken und gebaggert. Angesichts der #MeToo-Debatte sollte allen klar sein: Nähe geht nur in gegenseitigem Einvernehmen. Doch viele Frauen haben gerade im Karneval das Gefühl, sie müssten besonders gut auf sich aufpassen. Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Kerstin Ruskowski hat in Köln mit Karnevalisten genau darüber gesprochen.
- Women's MarchNach #MeToo: Es bewegt sich was | Proteste gegen Trump, die Debatte um den Hashtag #MeToo - es wirkt so, als würden diese Themen bei uns zwar wahrgenommen, aber kaum etwas ändern. Die Kulturwissenschaftlerin und Journalistin Mithu Sanyal ist da anderer Meinung.